Inkontinenz in der Schwangerschaft und nach der Geburt

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Inkontinenz in der Schwangerschaft und nach der Geburt ist nicht ungewöhnlich. Dafür erzählen wir dir von Maria und ihrem Beckenboden – eine Geschichte, wie aus dem echten Leben! Welche wir uns für euch ausgedacht haben, sie könnte aber rein theoretisch tagtäglich genau so von zahlreichen Frauen erlebt werden. Unsere erfundene Protagonistin in dieser Geschichte heisst Maria und erwartet ihr zweites Kind. Der Babybauch ist bereits gut sichtbar – ihre Vorfreude auf das zweite Kind auch.

Während ihrer ersten Schwangerschaft nahm sie ihren, sich rasant ändernden, Körper ganz bewusst wahr. Mit dem Kurs «Sport in der Schwangerschaft» lernte sie viel über ihren Beckenboden und ganz generell über die Vorteile von Bewegung in der Schwangerschaft. So etwa, dass eine Frau idealerweise den Beckenboden bereits vor oder spätestens während der Schwangerschaft trainieren sollte.

 

 

4 Gründe, warum es sich lohnt, den Beckenboden zu trainieren

∞ Das zuverlässige Steuern von Stuhlgang und Urinabgabe.

∞ Weil er die Organe in unserem Bauchraum trägt. In der Schwangerschaft kommt das Baby samt Gebärmutter und Plazenta noch hinzu.

∞ Der Beckenboden ist eng mit der Bauch-, Rücken- und Beinmuskulatur verbunden. Deshalb wird unsere Körperhaltung vom Beckenboden beeinflusst.

Die Empfindsamkeit beim Sex wird durch einen gut trainierten Beckenboden positiv beeinflusst.

Mehr Wissenswertes zum Beckenboden findest du hier.

 

Geburt – Wochenbett – Rückbildung…

Die vaginale Geburt verlief zum Glück reibungslos und Maria verbrachte das Wochenbett sehr ruhig. Danach nahm sie ganz pflichtbewusst, an einem Rückbildungskurs im Dorf teil. Denn durch die Schwangerschaft und Geburt wurde Marias Beckenboden sowie der Bauch und alle Bauchmuskeln aufs Maximale gedehnt. Durch gezielte Übungen stärkte sie ihren Körper so wieder von innen. Dabei lag der Fokus auf der Körpermitte, besonders auf dem Beckenboden und der Rumpfmuskulatur.

 

…und alles nochmals von vorne, nur anders

Doch in der zweiten Schwangerschaft – (keine) Überraschung! – ist alles anders. Sie hat keine Energie und jedes Quäntchen Kraft, das ihr bleibt, braucht sie, um den Alltag mit Kind und Job zu meistern. Schon bald merkt sie, dass ihr Beckenboden nicht mehr so kräftig ist, wie noch während der ersten Schwangerschaft. Seit einiger Zeit ist es sogar so, dass ein Tröpfchen Urin im Slip landet. Und trotzdem: «Sport? Tshä! Zeit für mich und meinen Körper? Tshä! Wann denn? Wie denn?!»

Inkontinenz: Was ist das überhaupt?

Bei einer Inkontinenz nimmt der Beckenboden seine Aufgabe nicht mehr richtig wahr. Dabei kann Urin, Stuhl und Wind unkontrolliert abgehen. Noch immer ist es ein gesellschaftliches Tabuthema (vor allem auch die Stuhlinkontinenz) und die Betroffenen schränken ihre Aktivitäten, vor allem auch die sozialen, häufig ein. Da die Urininkontinenz viele Frauen in und nach der Schwangerschaft betrifft, gibt es folglich ein paar Informationen dazu.

Es gibt verschiedene Formen von Inkontinenz:

 

Die Belastungsinkontinenz kommt am häufigsten vor. Jegliche intraabdominale Druckerhöhung (z.B. beim Husten, Lachen, Hüpfen, Tragen etc.) fängt der Beckenboden ab. Wenn der Beckenboden nicht darauf reagieren kann, weil er beispielsweise zu schwach ist, geht Urin ab. Bei Druckveränderungen im Bauchraum spannt der Beckenboden reflektorisch dagegen und unterstützt die Harnröhrenverschlussmuskeln. Ist der Beckenboden in seiner Funktion eingeschränkt, können die Muskeln, welche die Harnröhre umgeben, nicht genügend stabilisieren. In der Schwangerschaft (und auch Stillzeit) spielen die Hormone auch eine wichtige Rolle, da sie einen Einfluss auf die Festigkeit von Gewebe und Knorpel haben. Wichtig bei bleibender Inkontinenz nach Geburt: Das kann auf einen schwachen Beckenboden oder auf eine Senkung zurückzuführen sein. Aber auch ein verspannter Beckenboden kann für eine bleibende Inkontinenz verantwortlich sein. 

Häufig wird eine Belastungsinkontinenz zuerst bei einer Erkältung (beim Husten und Niesen) festgestellt. Es kann aber auch sein, dass sie beim Heben, Treppensteigen, Hüpfen oder bereits beim Aufstehen von einem Stuhl auftritt.

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Prävention: 4 Tipps, was du deinem Beckenboden während und nach der Schwangerschaft Gutes tun kannst

∞ Während und nach der Schwangerschaft kommt es häufig zu Inkontinenz. Mit einem ganzheitlichen Beckenbodentraining und einem Rückbildungstraining kann dem vorgebeugt werden.

∞ Deshalb: Fange bereits in deiner Schwangerschaft mit einem ganzheitlichen Beckenbodentraining an (Wahrnehmen, Mobilisieren, moderates Kräftigen, Entspannen und loslassen lernen), dieses kannst du gut auch in deine Trainingsroutine integrieren.

∞ Bei Druckerhöhung im Bauch, zum Beispiel beim Husten und Niesen, kannst du dich aufrichten, deinen Kopf über die Schultern zur Seite und nach hinten drehen und in den Ellbogen niesen / husten. Mit dieser Aufrichtung und Drehung wird der Druck im Bauchraum reduziert.

∞ Unsere Körperhaltung hat einen Einfluss auf unseren Beckenboden. In einer gerundeten Haltung verändert sich die Lage des Beckenbodens und die Beckenbodenmuskulatur verliert an Spannung. Eine gute aufrechte Haltung im Alltag bringt dein Beckenboden in einer bessere Position. Trage daher später dein Baby bei dir und nicht vor dir her.

∞ Achte generell auf ein beckenbodenfreundliches Alltagsverhalten (z.B. über die Seite aufstehen, Gewichte oder auch ältere Geschwisterkinder mit einer Aktivierung des Beckenbodens heben, Toilettenverhalten).

 

 

Kind da – Inkontinenz bleibt

Für Maria kommt auch das zweite Kind bald ohne Komplikationen zur Welt. Doch der Familienalltag zu viert bringt anfänglich wenig Entspannung in ihren Alltag. Irgendwie schafft sie es nach einigen Monaten postpartum dann doch, den Rückbildungskurs im Dorf wieder zu besuchen.

Nach einigen Lektionen nimmt sie all ihren Mut zusammen und fragt die Kursleiterin: «Ist es eigentlich normal, dass ich immer noch bei jedem Niesen in die Hose mache?»

Die anfängliche Antwort ihrer bald drauf konsultierten Frauenärztin: «Ja. Sie haben bereits zweimal vaginal geboren. Da ist das eben so. Und solange Frau stillt, verstärkt die Hormonlage dieses unangenehme Phänomen, da können Sie kaum etwas dagegen tun.»

 

Doch Maria war nicht wohl in ihrem inkontinenten Körper und zum Glück liess sie nicht locker. Denn Inkontinenz muss nicht einfach so hingenommen werden und mit Binden tragen als gelöst sehen. Maria recherchierte im Netz und stiess dabei auf «pelvi suisse», die Schweizerische Gesellschaft für Beckenbodenphysiotherapie. Schnell wurde ihr klar: «Da gibt es Profis, die mir helfen können.» Und siehe da: Auf erneutes Nachfragen bei der Gynäkologin wird Maria an eine spezialisierte Beckenbodenphysiotherapeutin verwiesen.

 

Inkontinenz in der Schwangerschaft und nach der Geburt: Hole dir Hilfe!

∞ Bei Beschwerden und / oder wenn sich etwas nicht richtig anfühlt, unbedingt eine medizinische Fachperson aufsuchen und sich auch an eine*n Spezialist*in (z.B. Beckenbodenphysiotherapeut*in) überweisen lassen.

∞ Bei Senkungsbeschwerden machst du den Termin am besten am späten Nachmittag (die Situation kann nach ein paar Stunden auf den Beinen anders aussehen als direkt morgens nach dem Aufstehen). Aufgrund der Schwerkraft ist eine Untersuchung im Stehen auch angebrachter als eine im Liegen.

 

Hier findest du Adressen für Fachpersonen in Deutschland, der Schweiz und in Österreich:

Schweiz https://www.pelvisuisse.ch/therapeutinnen-suche/

Deutschland https://www.ag-ggup.de/therapeutenliste/therapeutenliste-beckenboden/

Österreich http://kontinenzgesellschaft.at/bsz_physio.htm

 

 

Bei Inkontinenz: Regelmässiges Beckenbodentraining zahlt sich aus

Die Fachperson versteht Marias Situation nur zu gut, betreute sie doch bereits hunderte Marias mit genau denselben Problemen. Während der Zeit mit der Physiotherapeutin lernt Maria wieder, ihrem Körper bewusst Aufmerksamkeit zu schenken und ihn wahrzunehmen – besonders ihre Körpermitte und den Beckenboden. Sie lernt spezielle Übungen zur An- und Entspannung der Beckenbodenmuskulatur. Und: Dass Beckenbodentraining nicht mit dem Ende des Rückbildungstrainings aufhört und in die alltägliche Bewegung, als auch den Sport integriert werden kann. Maria nimmt motiviert die vielen Tipps mit nach Hause und arbeitet regelmässig an und mit ihrem Beckenboden. Erste Erfolge lassen nicht lange auf sich warten: Maria erarbeitet sich die Kontrolle über ihre Körpermitte zurück. Je stabiler Maria sich fühlt, desto weniger ist die Inkontinenz ein Problem.

 

4 Tipps, wie du zur Heldin deiner Körpermitte wirst

∞ Atme! Nimm dir täglich 5 Minuten Zeit für eine bewusste Atmung: z.B. zwischendurch im Alltag, bei der Arbeit oder auch vor dem Schlafen. Hast du gewusst, dass dein Beckenboden und dein Zwerchfell bei der Atmung mitschwingen? Kombiniere dafür eine Brustkorb und Bauchatmung.

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∞ Entspanne! Lass immer wieder auch los und baue Entspannung für deinen Beckenboden im Alltag ein – nur ein Muskel, welches sich auch entspannen kann, kann aus seiner vollen Kraft schöpfen: In einer Ruheposition atmen und den Fokus auf die Entspannung legen. Das kann auch gut in einer Umkehrposition sein. Oder massiere deine Reflexpunkte, einer ist beispielsweise im Gesicht zwischen den Augenbrauen.

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∞ Balanciere! Bringe dich aus dem Gleichgewicht! Balancieren ist ein tolles Training für deine Körpermitte: Zähneputzen auf einem Bein, auf die Zehenspitzen und zurück, auf dem Spielplatz zusammen mit den Kindern balancieren…

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Reflektorisches Beckenbodentraining: Der Beckenboden arbeitet automatisch (unwillkürlich). Übungen, ohne bewusst den Beckenboden zu aktivieren, sind deshalb auch wichtig bei einem ganzheitlichen Beckenbodentraining. Du kannst zum Beispiel mit den Füssen schnell an Ort und Stelle dribbeln oder einen Schritt seitwärts (Skating-Bewegung) auffangen und stabilisieren. Hier findest du ein paar Übungsbeispiele.

 

Schnellen Schrittes zurück zur Energie

Maria und ihre Familie dürfen bereits den ersten Geburtstag ihres Nesthäkchen feiern. Die Momente der Inkontinenz überraschen Maria nur noch sehr selten. Marias Energie im Allgemeinen und ihre «innere Kraft» im Speziellen sind zurück. Nach unzähligen Trainingseinheiten zugunsten ihrer körperlichen Stabilität und Rücksprache mit ihrem Beckenbodenphysiotherapeutin startete Maria sogar vor einigen Wochen mit längeren Walking-Touren und irgendwann wird sie auch wieder das Laufen aufnehmen.

Die vom Profi begleitete Zeit ist vorüber, doch weiss Maria, dass auch nach mehr als einem Jahr diverse Komplikationen, die auf ihre Schwangerschaften zurückzuführen sind, auftreten könnten. Die Rückbildung dauert eben. Dann wüsste Maria jedoch: «Es gibt Profis, die mir helfen könnten.»

 

Achtung bei diesen Problemen

Denn neben der Belastungsinkontinenz können im Zusammenhang mit dem Beckenboden auch weitere Probleme auftreten. Diese können leider oftmals auch erst Jahre nach der Geburt auftreten. Hier listen wir ein paar Beispiele dafür auf:

∞ Narbenschmerzen aufgrund Geburtsverletzungen

Reizblase

Senkungen

Beckenboden kann nicht oder kaum angesteuert werden

Rektusdiastase

∞ …

Ganz wichtig ist aber: Zögere nicht, eine medizinische Fachperson aufzusuchen, wenn du Beschwerden hast. Es ist nie zu spät, etwas zu unternehmen.

 

 

Dieser Artikel hat Sandra Baumgartner in Zusammenarbeit mit Stefanie für uns verfasst.

 

 

Über die Autorin Sandra Baumgartner

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