Schwimmen in der Schwangerschaft

In diesem Blogbeitrag zum Thema “Schwimmen in der Schwangerschaft” zeige ich dir, wie du dich während der Schwangerschaft im Wasser bewegen kannst. Lerne die Vorteile dieses wunderbaren Elementes kennen – aber auch die Punkte, auf welche du achten solltest. Erfahre mehr über die Integration des Atems und Beckenbodentrainings im Wasser sowie über meine Gedanken zu den vier Schwimmarten. Als leidenschaftliche Schwimmerin und Schwimminstruktorin liebe ich das Wasser. Und du? 

Eins vorneweg: Während meinen beiden Schwangerschaften habe ich mich regelmässig im nassen Element bewegt. Sowohl Aquajogging als auch Schwimmeinheiten waren stets eine Wohltat für meinen Körper und meine Seele. Das ist auch für dich möglich – ohne, dass du ein Schwimmprofi sein musst.

Eigenschaften des Wassers nutzen

Das Element Wasser bringt physikalische Eigenschaften mit, welche schwangere Frauen sich unbedingt zu Nutze machen sollten. 

∞ Entgegen der Schwerkraft wirkt die Auftriebskraft des Wassers. Diese führt zu einer Entlastung der Gelenke, der Wirbelsäule und auch des Beckenbodens. Es entsteht ein Gefühl der Schwerelosigkeit, getragen vom Wasser, das du besonders gegen Ende der Schwangerschaft schätzen wirst.

Entgegen der Schwerkraft wirkt die Auftriebskraft des Wassers.
Quelle: swimsports.ch

 

∞ Sobald sich ein Körper im Wasser befindet, muss er sich gegen dessen Widerstand bewegen. Wir können das Wasser als «Kraftraum» brauchen, denn Bewegungen in allen Dimensionen erfordern automatisch mehr Kraftaufwand. Durch angepasste Handstellungen oder Körperpositionen kann der Widerstand zur Kräftigung genutzt und dosiert werden.

∞ Das Wasser übt Druck auf den eingetauchten Körper aus. Betrachten wir den Blutkreislauf, unterstützt der Wasserdruck den venösen Rückfluss des Blutes Richtung Herzen. Da sich in einer Schwangerschaft die Blutgefässe ausweiten, ist diese Unterstützung des Wasserdrucks für die Blutzirkulation besonders wertvoll. Aber auch unser Lymphsystem wird durch den Wasserdruck positiv beeinflusst. Lymphflüssigkeit, welche sich in der Schwangerschaft ansammelt und schwerkraftbedingt nach unten sackt, wird dank des Aufenthalts im Wasser wieder angeregt. So können Ödeme und Einlagerungen vermindert werden. Weiter übt der Druck einen wunderbaren Massageeffekt auf unsere Haut aus und kann so Schwangerschaftsstreifen reduzieren.

∞ Eine Überhitzung des Körpers einer schwangeren Frau sollte unbedingt vermieden werden. Denn ein Fetus kann seine Temperatur nicht selbst regulieren. Aus diesem Grund sollten Frauen auf Sport bei sehr heissen Temperaturen verzichten. Bei Sport im Wasser besteht jedoch keine Gefahr der Überhitzung, sofern die Wassertemperatur nicht zu hoch ist. Optimalerweise beträgt die Wassertemperatur für Aquajogging, Wassergymnastik und Schwimmen zwischen 28° und 31°. Begibt sich eine Frau für eine Entspannungssequenz in wärmeres Wasser, ist Vorsicht geboten. Einerseits kann warmes Wasser gegen Ende der Schwangerschaft Wehen auslösen, andererseits weiten sich die Gefässe durch die Wärme weiter aus und der Blutdruck kann sinken, dies kann zum Kreislaufkollaps führen. Deshalb empfiehlt es sich, stets sehr langsam aus warmem Wasser zu steigen, um dem Körper Zeit für die Anpassung zu geben. Keinesfalls sollte die Wassertemperatur mehr als 38° betragen.

Diese erwähnten Eigenschaften des Wassers können hervorragend genutzt werden, um gängigen Beschwerden in der Schwangerschaft entgegen zu wirken. Und ein weiterer grosser Vorteil der Bewegung im Wasser ist das geringe Verletzungsrisiko, welches beim Schwimmen oder bei der Wasserfitness besteht. Verursacht durch die Hormone, werden Bänder, Gewebe und Muskulatur in der Schwangerschaft weicher und die Gelenke somit auch instabiler. Dies führt zu einem erhöhten Sturzrisiko. Im Wasser aber ist dieses Risiko sehr gering.

Schwimmen in der Schwangerschaft: Wobei ist Vorsicht geboten?

Häufig haben Frauen Angst, sich beim Schwimmen Pilz- oder Scheideninfektionen einzufangen. Die Wasserqualität in unseren Hallen- und Freibädern ist jedoch in der Regel sehr gut und wird streng kontrolliert. Um Scheideninfektionen und Blasenentzündungen vorzubeugen, empfiehlt es sich, im Bad jeweils auf das eigene Handtuch zu sitzen und nach dem Schwimmen nicht mehr zu lange im nassen Badeanzug zu bleiben – dies empfiehlt sich aber «unschwangeren» Frauen gleichermassen. Wird eine derartige Infektion festgestellt, sollte auf einen Besuch im Schwimmbad verzichtet werden. Ebenfalls verzichten sollte man bei generellem Unwohlsein, Schwindel, Blutungen, vorzeitigen Wehen oder Fruchtwasserabgang.

Ist Frau jedoch ohne die erwähnten Beschwerden im Bad, kann sie beinahe alles machen. Einzig vom Reinspringen ins Wasser, langen Tauchen und Hypoxietraining (Schwimmen ohne Atmen verbunden mit Sauerstoffmangel) muss während dieser Zeit abgesehen werden. 

Atmen im Wasser

Atmen Schwimmen Schwangerschaft

Im Hinblick auf die Geburt wird das Thema «Atmung» immer wichtiger. Die Atmung ist eng mit unseren Emotionen gekoppelt und die richtige Atmung kann den Geburtsprozess positiv unterstützen. Warum also die Atmung nicht auch im Schwimmtraining bewusst einbauen? Das Wasser eignet sich ganz besonders, um die Atmung zu schulen. Einerseits steigen die Anforderungen an die Atemmuskulatur, wenn gegen den Wasserdruck ins Wasser geatmet wird. Andererseits wird Atmung im Wasser sicht- und hörbar. Hier ein paar Praxisbeispiele zur Integration der Atmung beim Schwimmen:

∞ Luftpumpe: Du befindest dich im standtiefen Wasser und tauchst vollständig ab. Atme unter Wasser lange aus, tauche dann wieder auf, atme ruhig ein und tauche wieder ab. Wiederhole dies mehrere Male und bleib dabei in deinem Atemrhythmus.

∞ Atmung mit Beinschlagtraining: Nimm ein Schwimmbrett oder eine Poolnudel und strecke beide Arme in Hochhalte. Bewege dich mit lockerem Crawlbeinschlag oder deiner bevorzugten Beinbewegung fort. Konzentriere dich nun aufs regelmässige Ein- und Ausatmen. Tauche deinen Kopf ins Wasser und schau zum Boden. Atme aus, schau deinen Blasen zu und lausche dem Geräusch, welches dein Atem unter Wasser verursacht. Hebe den Kopf dann wieder kurz aus dem Wasser zum Einatmen, bevor du ein nächstes Mal bewusst und geräuschvoll ins Wasser ausatmest.

∞ «Aaaaaa» und «Ooooooo»: Übe das Aussprechen der Buchstaben A und O mit der Ausatmung ins Wasser und entspanne deinen Beckenboden. Du kannst dabei auch entspannt über eine Poolnudel liegen und deine Beine hängen lassen.

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Beckenbodentraining im Wasser

Beckenbodentraining kann man überall machen. Während dem Zähneputzen, beim Autofahren, mit bewussten Übungen auf der Matte oder eben auch im Wasser.

Einige Beispiele, wie du das Beckenbodentraining im Wasser mit einbeziehen kannst, führe ich dir hier auf:

∞ Gleiten: Stosse dich vom Bassinrand ab, klemme deinen Kopf zwischen die gestreckten Arme, zieh dein Kinn Richtung Brustbein. Strecke deine Beine geschlossen nach hinten aus und versuche, so weit wie möglich zu gleiten. Spanne dabei nicht nur deinen Körper, sondern auch deinen Beckenboden an. Schwimme dann locker zurück an den Rand und wiederhole die Übung 6-8 Mal.

∞ Brustbeinschlag: Führe den Brustbeinschlag aus. Dies kannst du in Bauch- oder auch in Rückenlage tun. Dabei führst du deine Fersen zum Gesäss, drehst dann deine Füsse nach Aussen und stösst die Beine nach Hinten in zwei Halbkreisen wieder zusammen. Das Zusammenschlagen der Beine erfordert Kraft aus deiner inneren Oberschenkelmuskulatur. Da diese (insbesondere der m. adductor magnus) über eine fasziale Verbindung zum Beckenboden verfügt, lässt sich der Beckenboden sehr gut über die Aktivierung der Adduktoren ansteuern. Spüre also, wie du deine innere Oberschenkelmuskulatur brauchst, um deine Beine zusammen zu führen und spanne dann deinen Beckenboden an. 

Beinschlag Schwimmen in der Schwangerschaft

∞ Armzugtraining mit Pull Buoy: Um im Schwimmen den Fokus auf den Armantrieb zu lenken und den Beinen eine Pause zu gönnen, ohne dabei in eine schlechte Wasserlage zu kommen, wird oft mit einem Pull Buoy (= Ziehboje aus Schaumstoff) zwischen den Oberschenkeln geschwommen. Beim Einklemmen dieser Schwimmhilfe werden erneut die Adduktoren gefordert. Auch dies ist wieder eine gute Gelegenheit, den Beckenboden gleich mit zu aktivieren. Zudem trainierst du so Arme und Oberkörper, was dich aufs Stillen und Tragen des Babys vorbereitet.

Schwimmen in der Schwangerschaft: Welche Schwimmarten eignen sich?

Grundsätzlich können alle vier Schwimmstile – Delfin, Rücken, Brust und Crawl – auch in der Schwangerschaft geschwommen werden. Sogar eine Rollwende ist bei manchen Frauen bis kurz vor der Geburt machbar.

Hier nenne ich dir meine Gedanken zu den einzelnen Schwimmtechniken in der Schwangerschaft und was es bei der Ausführung zu beachten gibt:

Delfin: In der Regel wird diese Schwimmart in der Schwangerschaft nicht neu erlernt, da die Technik koordinativ und kräftemässig einiges abverlangt. Geübte Schwimmerinnen können jedoch problemlos auch schwanger Delfin schwimmen. Durch die Ganzkörperbewegung, bei welcher das Becken nach vorne und nach hinten gekippt wird, können jedoch Rückenschmerzen entstehen. Beim nach vorne kippen des Beckens wird die Lordose (Krümmung der Wirbelsäule im Lendenbereich) vergrössert, was zu einer Hohl-Kreuz-Stellung führt. Je nach Lage des Kindes im Bauch, ist diese Stellung in der Schwangerschaft schon ausgeprägt und ein zusätzliches Kippen des Beckens daher unerwünscht.

Delfin Schwimmen in der Schwangerschaft

Rückencrawl ist ein sehr geeigneter Schwimmstil für schwangere Frauen. Es entlastet die Wirbelsäule und dank des Wasserauftriebs übt das Baby weniger Druck auf die Hohlvene, als dies sonst in der Rückenlage der Fall wäre. Achte beim Schwimmen in der Rückenlage darauf, dass dein Kopf im Wasser liegt und dein Blick zur Decke gerichtet ist. Dies entlastet einerseits deinen Nacken, sorgt andererseits aber auch dafür, dass deine geraden Bauchmuskeln entspannt bleiben. In der Rückenlage kannst du gut auch nur die Beine im Wechselschlag bewegen oder statt zu crawlen mit den Armen einen Gleichschlag ausführen.

∞ Die Brusttechnik wird sehr häufig angewandt. Und obwohl das Brustschwimmen koordinativ die anspruchsvollste Schwimmart ist, ist es für viele die gängigste Bewegungsart im Wasser. Oftmals wird der Kopf nicht ins Wasser getaucht, was für die Nackenmuskulatur sehr belastend werden kann und den Körper in eine ungünstige Wasserlage bringt. Deshalb empfehle ich dir, nach jedem Zug den Kopf zwischen die Arme zu legen, das Gesicht ins Wasser zu tauchen und dabei ganz bewusst auszuatmen. Da beim Brustbeinschlag die Adduktoren eingesetzt werden müssen, kann das Beckenbodentraining mit dem Brustschwimmen hervorragend integriert werden. Aktiviere somit die Beckenbodenmuskulatur im Moment des Zusammenschlagens der Beine, bleib dann für etwa ein bis zwei Sekunden mit gestreckten Beinen und gestreckten Armen in einer Gleitphase und spanne dabei deinen Beckenboden an. Während des Anfersens und Ausdrehens der Füsse kannst du diesen wieder loslassen. Achtung jedoch bei Symphysebeschwerden: Solltest du Schmerzen bei deiner Schambeinfuge oder an der Innenseite deiner Oberschenkel spüren, verzichte auf den Brustbeinschlag und führe einen Wechselschlag (= Crawlbeinschlag) aus. Lass ebenfalls Vorsicht walten, wenn du andere Brustschwimmer auf einer Schwimmbahn kreuzt. Einen Tritt in den Bauch will keine Schwangere erleben!

∞ Beim Crawlschwimmen befindet sich der Kopf stets in Verlängerung der Wirbelsäule und die Schultern drehen um die Längsachse. Sich so durchs Wasser zu bewegen, eignet sich für Schwangere besonders gut, da hauptsächlich die schrägen Bauchmuskeln zum Zug kommen. Mit grösser werdendem Bauch wird die Rotation um die Längsachse wohl bei den meisten Frauen etwas abnehmen. 

Crawl in der Schwangerschaft

Achte beim Crawlen auf eine regelmässige und vollständige Ausatmung ins Wasser. 

Da sich die Beine beim Crawlschwimmen in einem Wechselschlag bewegen, ist dies ein gutes Training und löst selten Beschwerden aus. Auch dem Schwimmen mit Flossen spricht nichts dagegen.

Um das Wassertraining abwechslungsreich zu gestalten, bietet es sich an, sowohl ein paar Längen zu schwimmen, als auch Wassergymnastikübungen einzubauen. Achte dabei darauf, dass du deine geraden Bauchmuskeln schonst und dich auf die Kräftigung der Arme, Schultern, Beine und natürlich des Beckenbodens fokussierst.

Geniesse die vielen Vorteile, die der Aufenthalt im Wasser auf deinen Körper ausübt – ganz egal ob für ein Training oder einfach nur zur Entspannung.

 

Dieser Artikel ist von Nora Linder, der Pilatesexpertin bei rund∞fit. Nora ist Sportwissenschaftlerin, Schwimmexpertin und Pilatesinstruktorin. Hier erfährst du mehr über Nora. Nora unterrichtet in Worb unter anderem Rückbildungspilates: Ihr gesamtes Angebot findest du hier

Über die Autorin Nora Linder

Meinen beiden Kindern (2015/2017) verdanke ich die Faszination für die Pilatesmethode. Sowohl während der Schwangerschaften als auch für die Rückbildung habe ich mit der Pilatesmethode trainiert und so zu meiner inneren Stärke zurückgefunden.

Ich bin davon überzeugt, dass Gesundheit die Voraussetzung für Glück ist.
Dank Pilates fühlt sich der Mensch stärker, ausgeglichener, gesünder und somit eben auch glücklicher.

Die Ausbildung zur Pilateslehrerin inkl. Schwangerschaftspilates und Rückbildung habe ich bei art of motion in Bern absolviert.

Seit rund 15 Jahren begleite ich als Sportwissenschaftlerin, Schwimm-, Wasserfitness- und Pilatesinstruktorin Menschen aller Altersklassen in Kursen und Trainings – bei allen mit dem Hintergedanken, durch Bewegung zum Glück zu finden.

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