Vielleicht merkst du bereits bei Alltagsbewegungen wie beispielsweise beim Treppensteigen, dass dein Puls in der Schwangerschaft schneller in die Höhe geht und du ausser Atem bist. Vieles fühlt sich anstrengender an in der Schwangerschaft. Weshalb ist das so? Und wie hoch darf eigentlich der Puls in der Schwangerschaft gehen? Worauf kannst du beim Training achten? Diese Fragen werden in diesem Beitrag geklärt. Weiter motivieren wir dich, in der Schwangerschaft in Bewegung zu bleiben. Regelmässiger Sport in der Schwangerschaft hat viele Vorteile für die Mama und auch das Ungeborene.
Physiologische Veränderungen, die den Puls in der Schwangerschaft beeinflussen
Unser Körper ist ein Wunder und passt sich an die Gegebenheiten der Schwangerschaft an, um das Baby im Bauch optimal zu versorgen. Folgende Anpassungen beeinflussen den Puls in der Schwangerschaft:
- Steigerung Blutvolumen und Herzleistung: Das Blutvolumen in der Schwangeren erhöht sich (bis Ende Schwangerschaft eine Zunahme von 40-50%). Besonders im Bereich der Gebärmutter ist die Blutversorgung erhöht, um die Versorgung des Ungeborenen zu gewährleisten. Um das zusätzliche Blut durch den Körper zu pumpen, wird das Herz der Mutter etwas grösser. Das kann zur Erhöhung der Herzfrequenz und zur Herzminutenvolumen führen.
- Höherer Ruhepuls: Aufgrund von hormonellen Veränderungen (mehr Östrogen und Relaxin), welche den Stoffwechsel und das Herz-Kreislauf-System beeinflussen, kann der Ruhepuls höher sein als vor der Schwangerschaft (bereits zu Beginn der Schwangerschaft).
- Allgemein höhere Pulswerte: Die Herzfrequenz ist allgemein 10-20 Schläge höher. Das kann individuell variieren und Abweichungen sind möglich. Die Pulswerte können sich auch im Schwangerschaftsverlauf verändern.
Da der Puls in der Schwangerschaft bereits in Ruhe und im Alltag erhöht ist, wird er auch bei sportlicher Aktivität höher sein. Wie hoch darf der Puls in der Schwangerschaft aber maximal gehen? Macht eine Pulsobergrenze überhaupt Sinn?
Puls in der Schwangerschaft: maximal 140?
NEIN!! Obwohl Schwangere die Empfehlung “Puls nicht höher als 140” noch immer regelmässig erhalten, ist sie veraltet und macht bei einer komplikationslosen Schwangerschaft auch überhaupt keinen Sinn. Diese Empfehlung wurde 1985 vom American College of Obstetricians and Gynecologists (ACOG) in ihren Richtlinien herausgegeben und ein paar Jahre später bereits wieder revidiert. Aktuell weisen sie in ihren Richtlinien darauf hin, dass es keine klare wissenschaftlichen Ausführungen gibt, den Puls in der Schwangerschaft an einer gewissen Obergrenze festzuhalten.
Bei einer komplikationslosen Schwangerschaft ist eine einzige Zahl als Obergrenze für die Herzfrequenz nicht sinnvoll, da die maximale Herzfrequenz mit zunehmendem Alter abnimmt und die Herzfrequenzbereiche individuell variieren.
Wenn eine Angabe der Pulsobergrenze keinen Sinn macht, worauf kannst du beim Training achten?
Puls in der Schwangerschaft: Worauf kannst du achten? 5 Tipps
Es gibt verschiedene Anhaltspunkte, welche bezüglich Puls und Intensität in der Schwangerschaft beim Training beachtet werden können:
- Ist eine Unterhaltung noch möglich während der sportlichen Aktivität? Der Talk-Test kann dir zeigen, dass du in einem passenden Intensitätsbereich bist und dich nicht überanstrengst.
- Wahrnehmen des persönlichen Belastungsempfinden mit der Borgskala oder der modifizierten Rate of Perceived Exertion (RPE). Bei beiden Skalen kann man in sich hineinfühlen und bewerten, wie intensiv ein Training sich anfühlt. Bei der Borgskala kann das Training je nach Anstrengung zwischen 1 und 20 (siehe unten) bewertet werden. Die Pulsbereiche werden einer Stufe zugeordnet. WICHTIG: Wer vor der Schwangerschaft nach der Borgskala trainiert hat, muss die Pulsbereiche anpassen, da der Puls generell höher ist ins der Schwangerschaft. Die RPE-Skala geht nur von 1 bis 10 (very light Activity bis Max Effort Activity): Gemäss diesem aktuellen Artikel wird in der Schwangerschaft ein Training mit einem RPE zwischen 1 und 4 empfohlen. Jedoch sind gelegentliche Ausreisser (weniger lange als 10 Minuten) bei RPE zwischen 5 und 7 ( im 1. und 2. Trimester möglich (Selman et al., 2022).
- Die Pulskontrolle kann gut ergänzend eingesetzt werden. Wichtig ist jedoch, die Pulswerte und Bereiche neu nach der Schwangerschaft auszurichten. Auch im Verlauf der Schwangerschaft kann sich die Herzfrequenz verändern.
- Achte auf Signale, die während der sportlichen Belastung auftreten können: Schwindel, Atemnot, Stechen in der Brust, starke Erschöpfung, vaginale Blutungen, Kontraktionen, Schmerzen – gerade Frauen, welche sich gewohnt sind, an ihre Grenzen zu gehen, wird empfohlen, hier achtsam zu sein und auftretende Symptome nicht zu ignorieren.
- Die Schwangerschaft ist keine Zeit für Bestleistungen und persönliche Rekorde. Es geht auch nicht um einen Erhalt der sportlichen Leistung von vor der Schwangerschaft. Dennoch darf auch für kürzere Zeit in einem intensiveren Bereich trainiert werden (für Schwangere, die sich das gewohnt sind und keine Kontraindikationen haben). Passend dazu wurden in einer kürzlich veröffentlichten Studie (Wowdzia et al., 2023) die kardiovaskulären Reaktionen bei der Mutter und dem Ungeborenen gemessen nach einem HIIT Training (hochintensives Intervalltraining, 10x1minütige Intervalle mit mehr als 90% der maximalen Herzfrequenz mit 1 Minute Pause dazwischen) und einem MICT (moderate intensity continuous training – Training mittlerer Intensität, 30 Minuten bei 64-76 % der maximalen Herzfrequenz). Es haben 15 Frauen (Einlingschwangerschaften, 27,3 ± 3,5 Schwangerschaftswochen, 33 ± 4 Jahre alt) teilgenommen. Beide Trainings wurden sowohl von den Müttern als auch von den Ungeborenen gut toleriert. Nicht überraschend war beim HIIT die durchschnittliche Herzfrequenz bei der Mutter höher als beim MICT. Die fetale Herzfrequenz ist bei beiden Trainings angestiegen, unterschied sich aber nicht zwischen HIIT und MICT. Die anderen gemessenen Parameter (z.B. das systolische/diastolische Verhältnis der Nabelschnur, Blutfluss) waren alle im Normbereich.
Bewege dich, sei sportlich aktiv, trainiere (für Geübte auch kürzere Abschnitte in einem intensiveren Bereich – höre auf deinen Körper – nimm allfällige Signale wahr! Für Schwangere kann eine Kombination aus Herzfrequenz und wahrgenommener Anstrengung eine gute Möglichkeit sein, die Trainingsintensität zu beobachten.
Ausdauer in der Schwangerschaft – was kann ich trainieren?
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Ausdauer in der Schwangerschaft zu trainieren:
Gehen oder Powerwalking ist besonders geeignet, da es für den Bewegungsapparat und den Beckenboden eine geringere Belastung als das Laufen hat. Eine geübte Läuferin kann auch in der Schwangerschaft, vor allem zu Beginn der Schwangerschaft, laufen (Laufen in der Schwangerschaft). Mit fortschreitender Schwangerschaft kann auf ein Intervalltraining (Wechsel zwischen Laufen und Walking) gewechselt werden, um den Beckenboden nicht zu sehr zu beanspruchen.
Weitere empfehlenswerte Alternativen zum Lauftraining sind beispielsweise: Crosstrainer, Fahrradergometer, Schwimmen, Aquajogging, Wassergymnastik.
Hier findest du ein kurzes Cardio Workout (6 Minuten, kein Material) für Schwangere zum Mitmachen:
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rund∞fit empfiehlt:
∞ Aktiv zu bleiben in der Schwangerschaft, sofern es keine Kontraindikationen gibt.
∞ Das körperliche Empfinden wahrnehmen, die Intensität demnach anzupassen und Pausen nach Bedarf zu machen. Es darf auch für kurze Dauer in einem intensiveren Bereich trainiert werden.Wichtig dabei: Jederzeit allfällige Signale beachten.
∞ Falls du dir gewohnt bist, in Pulsbereichen zu trainieren, kannst du das gerne fortführen. Wichtig: Die Herzfrequenz ist in der Schwangerschaft erhöht und kann sich auch im Schwangerschaftsverlauf verändern. Passe deine Bereiche also fortlaufend an.
∞ Wenn du auf der Suche nach sicherem, aber trotzdem fordernden Workouts bist, dann probiere doch einmal unser Schwangerschaftsprogramm aus. Stefanie wird dich sicher (!) zum Schwitzen bringen.
Bist du schwanger und weisst nicht, wie du sicher trainieren kannst?
Dann kannst du uns unverbindlich kennenlernen: Für Schwangere bieten wir einen kostenlosen Guide für sicheres Training in der Schwangerschaft.
Quellen:
Evenson, K.R. & Hesketh, K.R. (2021): Monitoring Physical Activity Intensity During Pregnancy
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