Schwanger werden, Schwangerschaft, Geburt, Rückbildung, Mama sein und werden – eine einzigartige Zeit voller Veränderung, Transformation und Anpassungsfähigkeit auf den verschiedensten Ebenen. Was unsere faszinierenden Faszien damit zu tun haben, werden wir uns in diesem Artikel anschauen.
Unsere Faszien haben in dieser speziellen Zeit der Schwangerschaft einiges zu leisten und helfen dir, wandlungsfähig zu bleiben. Wenn du in den Spiegel schaust, dich, deine Form, deinen wachsenden Bauch betrachtest, dann siehst du was dein Fasziensystem mitgestaltet hat. Auch wenn es um Emotionen geht, können wir das Fasziensystem nicht ausser Acht lassen – mehr dazu etwas später.
Gerade während der Schwangerschaft verändert sich die «Architektur deines Körpers», die Statik, der Körperschwerpunkt und die Haltung enorm.
Dein Fasziensystem balanciert dies, zu einem grossen Teil, durch seine lebenslängliche Anpassungsfähigkeit aus. Folglich lohnt es sich tiefer in dieses Thema einzutauchen und das faszielle Netzwerk mit spezifischem Training zu unterstützen.
Was sind Faszien überhaupt?
Als bildliche Vorstellung kannst du dir eine aufgeschnittene Orange, Zitrone oder Limette vorstellen. All die weissen Häutchen, welche die ganze Frucht einpacken, sie in einzelne Schnitzer unterteilen, sind Faszien. Sogar die mit Flüssigkeit gefüllten kleinen Beutelchen in einem Schnitzer werden durch «Faszien» eingepackt.
- Dreidimensionales, spinnennetzartiges, zusammenhängendes Ganzkörpernetz.
- Faszien hüllen den gesamten Körper ein, wie ein Ganzkörperanzug, der unsere Silhouette bildet.
- Faszien umschliessen Muskeln, Knochen, Organe, Nerven, Blutgefässe und andere Strukturen.
- Faserige Bindegewebe wie Sehnen, Bänder, Muskelsepten und auch Faszien im herkömmlichen Sinne, wie die Plantarfaszie an den Füssen, die Faszie an der Aussenseite unseres Becken/Beins (Iliotibial Band) oder unsere grosse Rückenfaszie (die Thorakolumbalfaszie)
- Je nach Anforderungen unseres Körpers sind sie stark und fest oder so fein wie ein spinnennetzartiges Gewebe.
- Unterschiedliche Verdickungen, je nach Beanspruchung der verschiedenen Körperregionen, z. B. Thorakolumbal Faszie.
Was sind die Aufgaben der Faszien?
Formen: umhüllen, stützen, schützen, polstern, Struktur geben
Verbinden und Trennen: geben Form und trennen gleichzeitig
Bewegen: Kraftübertragung, kinetische Energie speichern: aufspannen und Spannung freisetzen. Gleitfähigkeit zwischen benachbarten Strukturen
Kommunikation und somit Unterstützung bei der Propriozeption & Interozeption: Bewegungskoordination und Rhythmus wie auch empfangen von Reizen/Informationen und weiterleiten von Reizen/Informationen, emotionale Verbindung. Das fasziale System ist in konstanter Kommunikation mit sich und allen anderen Systemen.
Versorgen: Rekonstruktion, Abbau und Umbau des Netzwerks. Regen Stoffwechsel an, unterstützen das Immunsystem, Wundheilung, transportieren von Nährstoffen, und speichern Flüssigkeiten.
Faszien in der Schwangerschaft
In deinem Körper ist jede Stelle des Körpers durch Fasziengewebe miteinander verbunden – so als wäre es eigentlich nur eine einzige Faszie mit verschiedenen Ausprägungen. Gibt es eine Veränderung an einem Ort, wirkt sich dies auf deinen ganzen Körper aus. Diese ganzheitliche Sichtweise ist ein Schlüssel, wenn es um Gesundheit geht.
Denkst du dabei nun an deinen wunderschönen wachsenden Babybauch – und wie auch der sich auf deinen ganzen Körper auswirken kann:
- Der wachsende Babybauch zieht nach vorne.
- Auf natürliche Weise werden deine Bauchmuskeln gedehnt und deren Faszien werden ausgedünnt.
- Die Rückenmuskeln und deren Faszien arbeiten vermehrt und haben mehr Spannung.
- Das Baby nimmt mehr und mehr Platz ein und die Atmung wird oberflächlicher.
- Der Beckenboden wird stärker beansprucht.
Umso wichtiger ist es während der Schwangerschaft an einer entsprechenden «Zentriertheit» zu arbeiten. Hilfreiche Aspekte fürs Training und deinen Alltag sind:
- Entspannte, aufgerichtete Haltung bewahren. Was bei den Auflageflächen beginnt: Füsse, Becken, Brustkorb, Kopf möglichst ausbalanciert in der Linie zur Schwerkraft zu halten, damit Dysbalancen und Verspannungen vermieden werden können.
- Atmung vertiefen: bewusste, tiefe Atemzüge mobilisieren den Brustkorb, helfen zu entspannen und trainieren dein Zwerchfell und ebenso deinen Beckenboden.
- Aktiv-dynamisches Training für deinen Beckenboden: wahrnehmen, willkürlich aktivieren und entspannen, reflektorisch gegenhalten und loslassen – alle Aspekte sind wichtig.
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- Beim Heben im Alltag: ausatmen und deine tiefen Bauchmuskeln ansprechen, so als würdest du mit deinen tiefen Bauchmuskeln dein Baby umarmen.
- Und natürlich sind auch alle Alltagstipps, wie richtiges Toilettenverhalten, Ernährung, Husten, Niesen, über die Seite aufstehen wichtig.
Schau deshalb gern in unser Trainingsprogramm für die Schwangerschaft: Unsere Workouts sind auf deine persönliche Schwangerschaftswoche abgestimmt und wir motivieren dich regelmässig, bis zur Geburt zu trainieren. “Fit durch die Schwangerschaft” bitte hier entlang.
Resilienz – ein bedeutsames Wort für die Schwangerschaft und deine Faszien
Der Körper einer Frau und ihr Gewebe ist gebaut um schwanger zu werden.
Dein Gewebe hat eine resiliente Architektur – es ist:
- geschmeidig
- gleitfähig
- hochelastisch
- dehnbar
- belastbar
- kräftig
- reissfest
- … resilient
Und diese Resilienz können wir mit bewusstem Training positiv beeinflussen.
«Anstatt mechanisch sollen sie deine Bewegungen geschmeidig anfühlen.»
Resilienz bestärkt uns, macht uns anpassungsfähig und lässt uns auch Ungeahntes besser annehmen. Eine Geburt ist ein Ereignis, das oft nicht ganz nach Plan läuft. Einen Geburtsplan zu haben ist wunderbar, mit körperlicher sowie geistiger Resilienz während der Geburt auf die Geschehnisse einzugehen, zu Vertrauen – ist ein ebenso wichtiger Aspekt für ein bereicherndes Geburtserlebnis.
Dies wollen wir auf der Matte üben, um in unserem Alltag oder eben auch bei einer Geburt davon profitieren zu können.
Das körperweite Fasziennetzwerk ist auch unser reichhaltigstes, sensorisches und emotionales Sinnesorgan, es wird mittlerweile sogar als unseren sogenannten sechsten Sinn bezeichnet. Beim Training der Faszien geht es deshalb auch viel darum, WIE sich eine Bewegung anfühlt.
Geschmeidiges Bewegen anstatt Schwerstarbeit? Verklebungen verringern die Lust auf Bewegung, können schmerzhaft sein, schränken die Beweglichkeit ein und wirken sich auch negativ auf die Regenerierung des Körpers aus. Für eine optimale Geburt wollen wir Bewegung auch im Becken und zu den Strukturen, die damit verbunden sind. So macht es Sinn, Bewegungsfreiheit und die eigene Körperwahrnehmung zu bestärken. Wenn du dir vorstellst, dass beispielsweise die Faszien rund ums Becken und die Sitzbeinhocker verklebt sind und oft deswegen exzessive Spannung halten, liegt es Nahe, dass die vollständige Beckenöffnung während der Geburt gehemmt sein kann – ein guter Grund also deren Gleitfähig zu trainieren.
Gerade in der Schwangerschaft ist es wunderschön den eigenen Körper besser wahr zu nehmen. Dies kann mit dem bewussten Üben der Propriozeption (Proprio=Selbst/zeption=Wahrnehmung) bestärkt werden. Die Faszien sind auch verantwortlich, wie wir uns fühlen, das durch unsere Interozeption. Hier kommen wir nun auf die Emotionen zurück, wie am Anfang des Artikels erwähnt. Durch die hormonelle Veränderung in der Schwangerschaft kommen auch unsere Emotionen mehr an die Oberfläche, diese zu (er)leben, loszulassen ist eine so wunderbare Gelegenheit während dieser speziellen transformierenden und verbundenen Zeit. Das Kind in der Gebärmutter nimmt so vieles auf und wahr – umso schöner ist es, wenn wir den Emotionen die auftauchen Raum geben und sie loslassen können. Im Training stimulieren wir die Faszien und so kann es auch eine Wirkung auf emotionaler Ebene geben. Anstatt diese zu unterdrücken, lege ich dir ans Herz einen Raum zu finden, wo diese «frei gelassen» werden können. Eine einzigartige Gelegenheit deinem Köper mehr Resilienz und Vertrauen zu schenken – für jetzt und alles was kommt.
Atmung und Entspannung
Atmung und Entspannung ein so wichtiger Part in der Schwangerschaft. Auch hier haben die Faszien eine entscheidende Rolle. Durch die Verbindung zu unserem Nervensystem reagieren die Faszien auf alles um uns herum – bewusstes Atmen und Entspannungsübungen gehören zu jedem faszienfokussierten Schwangerschaftstraining.
All diese Eigenschaften und Qualitäten bestärken eine selbstbestimmte Schwangerschaft und Geburt. Mit diesem Artikel möchte ich jede Frau bestärken, sich in ihrem Körper zu Hause zu fühlen, Resilienz aufzubauen damit der Körper anpassungsfähig wird und bleibt. Für ein bestärkendes Geburtserlebnis und damit auch in der Zeit als Mama, du dich gut fühlst, dich besser bewegen kannst und so eine verbesserte Lebensqualität geniessen darfst.
All diese Qualitäten zu trainieren, wie es beim Slings Konzept (Myofasziales Training nach art of motion der Fall ist, wäre also schon vor einer Schwangerschaft ideal ;o). Dies ist auch der Grund, weshalb all die wunderen Trainer*innen, die zu mir in der Ausbildung zum Pre- & Postnatal Trainer*innen kommen, als Grundlage diese faszialen Qualitäten lernen, ebenso die ganzheitliche Sichtweise wie Beckenboden und Core durch den ganzen Körper funktional und faszial vernetzt sind.
Du kannst bestimmt schon erahnen, wie eindrücklich und wichtig dein Fasziensystem für die Rückbildung und überhaupt für unser ganzes «Mensch sein» ist. Mehr dazu in der Fortsetzung Faszien in der Rückbildung.
Diesen Artikel hat Bea Eggimann für uns geschrieben. Sie ist zertifizierte Pilates-Trainerin mit verschiedensten Weiterbildungen im Bereich Beckenboden, Pre- & Postnatal Training, Entwicklerin des Pre- & Postnatal Trainers. Lies hier mehr über ihre Person und ihr Angebot und besuche sie im Instagram oder auf diesen beiden Instagram-Accounts: PilatesBern PrePostnatal und Pilates Zürich
Quelle, Referenzen & Inspiratorinnen:
Slings Essentials, art of motion Karin Gurtner
Muriel Morwitzer, art of motion
Sarah Duval – Core Exercise Solutions
Pilates Bodymotion Faszien Pilates
Embrace Pre- & Postnatal Training Education
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