Eine Schwangerschaft ist eine besondere Zeit. Während Corona-Zeiten kommen weitere Herausforderungen dazu. Welche Folgen hat das auf das psychische Wohlbefinden? Wie kann ich die psychische Belastung als Schwangere verringern? In diesem Artikel gibt uns Hannah Meyerhoff einen Einblick über den aktuellen wissenschaftlichen Stand, einige praktische Tipps sowie eine Umfrage der Universität Zürich zum Thema.
Laut dem Bundesamt für Gesundheit (BAG, 2020) ist während der Corona-Pandemie die mentale Belastung der Schweizer Bevölkerung angestiegen. Dadurch können psychische Störungen wie Depression oder Angststörungen vermehrt auftreten (BAG, 2020). Allerdings sind nicht alle Personen gleich stark von den Folgen der Pandemie und den damit einhergehenden Einschränkungen betroffen (BAG, 2020).
Wenn der Alltag nicht mehr alltäglich ist
Die Corona-Pandemie und die Bekämpfung dieser hatten und haben einen grossen Einfluss auf unser Leben. Wir alle mussten unseren Alltag komplett umkrempeln. Aber wie geht es in diesen komischen Zeiten einer besonderen Bevölkerungsgruppe, den Schwangeren? Sie waren und sind in besonderem Ausmass davon betroffen. Um diese Frage zu beantworten haben Forschende der Universität Zürich zusammen mit Partneruniversitäten aus verschiedenen Ländern das Forschungsprojekt I-COPE (“International COVID-19 Pregnancy Experiences”) gestartet. Bei dem Projekt wurden Schwangere zu ihrem Wohlbefinden und ihren Erfahrungen während der Corona-Pandemie befragt.
Während des Lockdowns wurden Geburtsvorbereitungskurse gestrichen oder online durchgeführt. Wenn Vorsorgetermine nicht abgesagt oder verschoben wurden, durfte und darf man nicht in Begleitung des anderen werdenden Elternteils erscheinen. Viele Teilnehmerinnen der I-COPE Studie bedauerten dies sehr. Insbesondere, dass der*die Partner* das Baby nicht auf dem Ultraschallmonitor in Bewegung sehen konnten, sondern “nur” bewegungslos auf einem Bild.
Die ersten Forschungsergebnisse zeigten auch, dass ständig Sorgen und Unsicherheiten bestanden, ob die Vorschriften sich ändern und das andere werdende Elternteil womöglich nicht bei der Geburt dabei sein darf (Schaal et al., 2021). Zudem bekamen und bekommen werdende Eltern aufgrund des Lockdowns und Social Distancings weniger soziale Unterstützung von Familie und Freunden (Caparros-Gonzalez & Alderdice, 2020). Dies könnte beispielsweise bei der Betreuung bereits existierender Kinder oder dem Einrichten des Kinderzimmers eine wichtige Rolle spielen. Schlussendlich berichteten einige Frauen, dass sie die Schwangerschaft nicht so geniessen können und die Vorfreude etwas gedämpft sei. Ein genannter Grund ist, dass sie ihren Babybauch Familie und Bekannten nicht oder nur eingeschränkt zeigen und von ihnen bewundern lassen können (unveröffentlichte vorläufige Ergebnisse). Als eine weitere Begründung wurde das teilweise nicht mögliche Flanieren durch Babyläden genannt (unveröffentlichte vorläufige Ergebnisse).
Die Folgen
Alle diese Auswirkungen der Corona-Massnahmen und die zusätzlichen Belastungen können den Stress bei werdenden Müttern vermehren (Caparros-Gonzalez & Alderdice, 2020; Preis et al., 2020). Erhöhter Stress während der Schwangerschaft kann wiederum mit einem ungünstigen Geburtsergebnis assoziiert sein (Staneva et al., 2015). Beispiele dafür sind Frühgeburten oder ein niedrigeres Geburtsgewicht. Zudem kann der grössere Stress einen Einfluss auf das psychische Wohlbefinden der Mutter haben und beispielsweise die Entwicklung einer postpartalen Depression begünstigen (Underwood et al., 2017).
Ausserdem zeigt sich, dass Schwangere während der Corona-Pandemie erheblichen Ängsten ausgesetzt sind (Preis et al., 2020). Nicht sonderlich überraschend stehen Sorgen bezüglich einer eigenen möglichen Corona-Infektion und der des Babys im Vordergrund (Preis et al. 2020).
Nicht nur negative Folgen, sondern…
Jedoch konnten einige Teilnehmerinnen der I-COPE Studie den Corona-Restriktionen und ihren Auswirkungen auch etwas Positives abgewinnen. Besonders Frauen zu Beginn ihrer Schwangerschaft berichteten, dass sie froh seien die Schwangerschaft erstmal für sich alleine geniessen zu können und beispielweise nicht rechtfertigen zu müssen, weshalb man bei einem geselligen Abend mit Freunden keinen Alkohol trinken will. Als weiterer Vorteil wurde die Flexibilität im Home-Office genannt, also die Möglichkeit bei Müdigkeit oder Übelkeit eine Pause machen zu können und sich den Arbeitstag generell selbstständiger einteilen zu können.
Was nun?
Die psychische Belastung während der Corona-Pandemie ist gross. Schwangere Frauen sind eine Bevölkerungsgruppe, die sich mit zusätzlichen Belastungen konfrontiert sieht. Dies kann, insbesondere bei Schwangeren im ersten Trimester und bei Erstschwangerschaften, zu erhöhtem Stress und damit einhergehenden psychologischen Auswirkungen führen (Saccone et al., 2020; Schaal et al., 2021). Deshalb ist es umso wichtiger, dass Schwangere bei Vorsorgeterminen und auch nach der Geburt zu ihrer psychischen Gesundheit befragt werden, damit man möglichen psychischen Belastungen frühzeitig entgegenwirken kann (Caparros-Gonzalez & Alderdice, 2020; Preis et al., 2020).
Was kann ich als Schwangere machen?
Erste Studien (Passavanti et al., 2021; Xiong et al., 2020) haben herausgefunden, was die psychische Belastung während der Corona-Pandemie verringern kann. Hier sind einige Tipps:
- Bewegung, am besten und wenn möglich an der frischen Luft.
- Zeit für sich selbst nehmen, um zu entspannen. Beispielsweise mit Hilfe von Yoga, Meditationsübungen oder Achtsamkeitsübungen.
- Kommunikation mit Freunden und Familie.
- Nachrichten über die Entwicklung von COVID-19 auf vertrauenswürdigen und autorisierten Plattformen lesen.
Sind Sie schwanger? Wir freuen uns über Ihre Teilnahme
Die internationale I-COPE Studie, deren Abkürzung für „International COVID-19 Pregnancy Experiences“ steht, hat zum Ziel, das Erleben von schwangeren Frauen während der Corona Pandemie besser zu verstehen. Zudem soll erforscht werden, ob und wie sich das Stresserleben in Zusammenhang mit der COVID-19 Pandemie auf schwangere Frauen und ihre Babys auswirkt. Wir möchten gerne ein tieferes Verständnis dafür gewinnen, was schwangere Frauen in dieser Zeit vor Stress schützt und was das Stresserleben erhöhen könnte. Für die zweite Befragungswelle suchen wir momentan noch Teilnehmerinnen.
Teilnehmen können Sie, wenn sie momentan schwanger, mindestens 18 Jahre alt sind und in der Schweiz oder Liechtenstein wohnen.
Haben wir Ihr Interesse geweckt? Dann können Sie hier teilnehmen.
Autorin
Hannah Meyerhoff – bei allfälligen Fragen können Sie sich gerne unter der folgenden Mailadresse melden: hannah.meyerhoff@uzh.ch
Das Schweizer Studienteam: Dr. phil. Rita Castro, Dr. phil. Pearl La Marca-Ghaemmaghami
Referenzliste
Bundesamt für Gesundheit (BAG). (2020). Der Einfluss der COVID-19-Pandemie auf die psychische Gesundheit der Schweizer Bevölkerung und die psychiatrischpsychotherapeutische Versorgung in der Schweiz. https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/das-bag/aktuell/news/news-20-11-2020.html
Caparros-Gonzalez, R. A., & Alderdice, F. (2020). The COVID-19 pandemic and perinatal mental health. Journal of Reproductive and Infant Psychology, 38(3), 223-225. https://doi.org/10.1080/02646838.2020.1786910.
Passavanti, M., Argentieri, A., Barbieri, D., Lou, B., Wijayaratna, K., Foroutan, A., Wang, F., Naseri, S., Qamhia, I., Tangerås, M., Pelliciari, M., & Ho, C.(2021) The psychological impact of COVID-19 and restrictive measures in the world. Journal of Affective Disorders, 15(283), 36-51. https://doi.org/10.1016/j.jad.2021.01.020.
Preis, H., Mahaffey, B., Heiselman, C., & Lobel, M. (2020). Pandemic-related pregnancy stress and anxiety among women pregnant during the coronavirus disease 2019 pandemic. American Journal of Obstetrics & Gynecology MFM, 2(3). https://doi.org/10.1016/j.ajogmf.2020.100155.
Saccone, G., Florio, A., Aiello, F., Venturella, R., De Angelis, M. C., Locci, M., … & Sardo, A. D. S. (2020). Psychological impact of coronavirus disease 2019 in pregnant women. American Journal of Obstetrics & Gynecology, 223(2), 293-295. https://doi.org/10.1016/j.ajog.2020.05.003.
Schaal, N. K., La Marca-Ghaemmaghami, P., Preis, H., Mahaffey, B., Lobel, M., & Castro, R. A. (2021). The German version of the pandemic-related pregnancy stress scale: A validation study. European Journal of Obstetrics & Gynecology and Reproductive Biology, 256, 40-45. https://doi.org/10.1016/j.ejogrb.2020.10.062.
Staneva, A., Bogossian, F., Pritchard, M., & Wittkowski, A. (2015). The effects of maternal depression, anxiety, and perceived stress during pregnancy on preterm birth: A systematic review. Women and Birth, 28(3), 179-193. https://doi.org/10.1016/j.wombi.2015.02.003.
Underwood, L., Waldie, K. E., D’Souza, S., Peterson, E. R., & Morton, S. M. (2017). A longitudinal study of pre-pregnancy and pregnancy risk factors associated with antenatal and postnatal symptoms of depression: evidence from growing up in New Zealand. Maternal and child health journal, 21(4), 915-931. https://doi.org/10.1007/s10995-016-2191-x.
Xiong, J., Lipsitz, O., Nasri, F., Lui, L.M.W., Gill, H., Phan, L., Chen-Li, D., Iacobucci, M., Ho, R., Majeed, A., & McIntyrea, R. S. (2020). Impact of COVID-19 pandemic on mental health in the general population: A systematic review. Journal of Affective Disorders, 227, 55-64. https://doi.org/10.1016/j.jad.2020.08.001.
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