Wieder im eigenen Körper zuhause sein: Dein Körpergefühl nach Geburt

Körpergefühl nach Geburt

Ich gratuliere Dir von Herzen zu deinem Baby! Nun, wo die Geburt vorbei ist, geht es in die nächste Phase – die des Wochenbetts und der Rückbildung. Du und dein Körper haben in den letzten Monaten Höchstleistungen vollbracht. Was nach der Geburt kommt und wie sich der Körper anfühlt – darauf sind viele Mütter oft zu wenig vorbereitet. Dieser Text über das Körpergefühl nach der Geburt versucht, dich darin zu unterstützen, diese Phase «danach» gut zu gestalten. Er zeigt dir auch Wege auf, wie du in eine positive Beziehung zu deinem Körper kommst.

 

Körpergefühl nach Geburt: Wie du dich möglicherweise nach der Geburt fühlst

Du fühlst dich womöglich fremd in deinem Körper, hast ein ungewohntes Körpergefühl. Dir fehlt der Halt. Das Baby ist geboren, der Bauch aber noch nicht weg. Der Bauch ist plötzlich gefühlt leer und sehr weich. Den Bauch das erste Mal wieder bewusst nach der Geburt zu berühren, kann sehr emotional sein. Du schaust dich im Spiegel an und dein Körper hat sich verändert: Es fällt dir vielleicht schwer, dich so zu sehen. Dein Körper fühlt sich weich an, als hätte er seine Mitte verloren.

 

Was sich nach der Geburt alles verändert

rund8fit, Körpergefühl nach Geburt.

Deine Körpergefühle sind real und sie dürfen ausgedrückt werden. Sie sind mit dem Wandel erklärbar, der in deinem Körper nun nach der Geburt stattfindet. An allen Enden und Ecken finden Veränderungsprozesse statt. Da du rund um die Uhr mit deinem Baby beschäftigt bist, bekommst du gar nicht alle Veränderungen mit.

Deshalb möchte ich dir hier die wichtigsten 10 körperlichen Anpassungen nach der Geburt kurz erklären:

    1. Die hormonelle Umstellung: Die Hormone, die deine Plazenta gebildet hat, fallen plötzlich weg, dafür erhalten neue Hormone (Prolaktin für die Milchbildung und Oxytocin) eine grosse Bedeutung.
    2. Die Gebärmutter bildet sich zurück: Von 1-1.5 kg Gewicht direkt nach der Geburt bildet sich die Gebärmutter auf ca. 70 Gramm zurück – ein wahres Wunder. Die Kontraktionen wirken blutungsstillend und wundheilend für die Haftstelle der Plazenta. Der Wochenfluss ist ein Indikator für die Regeneration der Gebärmutterschleimhaut.
    3. Der Bandapparat der Gebärmutter verändert sich: Das Haltesystem passt sich an und so kommt die Gebärmutter wieder in die normale Position zurück.
    4. Vagina und Vulva bilden sich zurück: Kleine Einrisse am Scheideneingang heilen und die überdehnte Vagina bildet sich wieder zurück.
    5. Körpergewicht: In der Schwangerschaft hast du zirka zwischen 7 und 15 kg (oder auch mehr) zugenommen. Kind, Plazenta und Fruchtwasser zusammen wogen durchschnittlich 6 kg. Der Rest an zusätzlichem Gewicht geht erst allmählich wieder verloren (Gesunde Gewichtsreduktion nach der Schwangerschaft).
    6. Die Haut zeigt, dass sie sich wunderbar anpassen konnte und es bleiben eventuell Schwangerschaftsstreifen zurück.
    7. Die Blasenkapazität verbessert sich, weil nun mehr Platz ist und damit wird der Füllungsgrad wieder grösser. Durch das Ausschwemmen von Wassereinlagerungen erhöht sich anfangs die Urinmenge.
    8. Der Beckenboden beginnt sich zu erholen: Potenzielle kleinste Verletzungen der Haut, Schleimhaut, der Faszien und Muskelfasern beginnen zu regenerieren (Wissenswertes Beckenboden).
    9. Die Bauchmuskeln sind hormonell bedingt schlaff und es kann eine Rektusdiastase (Auseinanderweichen der geraden Bauchmuskelbäuche) sichtbar sein.
    10. Die Stimmung kann ‘Baby-Blues’-mässig von der Hochstimmung in den Keller fallen. Ein hormonell verursachtes Wechselbad der Gefühle und eine depressive Stimmungslage können erfahrbar sein (Postpartale Depression).

 

Das Rezept: Dankbarkeit und im Dialog mit dem Körper

Der letzte Abschnitt war für den Verstand. Nun möchte ich dich auch zu einem Staunen für deinen Körper und zu einer Dankbarkeit für all seine wunderbaren Vorgänge führen. Damit beginnt der Weg in eine positive Körperbeziehung. Was hat dein Körper dir in den letzten Monaten alles an Großartigem, Wundervollem ermöglicht! Wer dankbar ist, kann den Wandel nach der Geburt positiv gestalten. Dein persönliches ‘Mindset’ wird deinen Umgang mit dieser Phase prägen. Du kannst milde und geduldig auf deinen Körper blicken, weil du die Rückbildungsprozesse verstehst.

Ein Beispiel: Dein Bauch fühlt sich weit und schwammig an und ist kein angenehmer Anblick für dich. Sei dir bewusst, dass dieser Bauch für dein Baby den Raum geschaffen hat. Ist das nicht ein Wunder? Sei dem Gewebe dankbar, wie gut es sich an die Dehnung anpassen konnte. Erachte es als normal, dass der Bauch auch nach der Geburt noch “etwas schwanger” aussieht. Sieh ihn mit einem weichen Blick an, wenn du ihn sanft trainierst.

Versuche einmal – auch wenn es sich neu anfühlt – in einen Dialog mit deinem Körper zu kommen. Ja, du hast richtig gelesen: Ich kann den Körper zu meinem Gesprächspartner machen! Vielleicht wünscht er sich genau dies: Ihm zuhören, ihm Aufmerksamkeit schenken, seine Bedürfnisse verstehen, seine Signale wahrnehmen. Dein Körper wünscht sich Anerkennung dafür, was er in Schwangerschaft und Geburt alles geleistet hat und Geduld für die Veränderungsprozesse danach. Diese dauern genauso lang, wie die Vorbereitung auf die Geburt, also zirka neun Monate oder auch länger. Schenk dem Körper diese Zeit. Fördere ihn und fordere ihn im Rahmen seiner Grenzen und in einer Haltung der Selbstfürsorge.

Mit einer guten Verbindung zum Körper wird es dir gelingen, Signale zu spüren, die ein «zuviel» andeuten. Wenn du zum Beispiel nach der Geburt den Bereich des Beckenbodens spürst und er sich belastet anfühlt – vielleicht weil du schon früh wieder sehr aktiv gewesen bist und unter Umständen sogar schon Impact-Sportarten gemacht hast, obwohl deine Körpermitte noch nicht wieder stabil genug ist. Genauso wirst du spüren können, wenn es dem Körper guttut, wenn du dich im Rahmen seiner Möglichkeiten wieder vermehrt bewegst und zu trainieren beginnst. Zahlreiche Tipps und Aufbauprogramme dazu erhältst du hier auf dieser Website.

rund8fit, Bauch und Körper nach Geburt.

 

Das Loslassen nach der Geburt

Im Grunde genommen hast du das Loslassen bereits vielfältig erfahren. Schon während der Schwangerschaft hast du gelernt, die Kontrolle an den Körper abzugeben. Während der Geburt hat das Loslassen nochmals eine neue Bedeutung bekommen. Dein Körper wusste, was zu tun war und du brauchtest es nur zulassen. Im Empfangen, im Tragen und im Gebären hast du deinen Körper für dein Baby hingegeben, damit Neues entstehen und in die Welt gebracht werden kann. Dein jetzt veränderter Körper ist ein Zeichen der Stärke, des Wachstums und der Liebe, die du gegeben hast! Dein Körper hat Ressourcen verbraucht und nun hat er Erholungszeit und Liebe verdient. 

Diese Fähigkeit der körperlichen Hingabe ist ein Geschenk vom Leben an dich und gleichzeitig hast du damit Leben schenken können. Und nun braucht es das Loslassen nach der Geburt. Dieses Loslassen im Sinne von Geschehen lassen, wird dir Freiheit schenken. So kannst du den körperlichen Wandel gelassen erfahren.

 

Tipps für das wieder zuhause sein im Körper: Körpergefühl nach der Geburt

  • Lasse die Erwartung los, schnellstmöglich wieder so auszusehen wie vor der Schwangerschaft. Setze dich nicht unter Druck, möglichst schnell abzunehmen, wieder ‘fit’ zu werden. Übe dich in Gelassenheit, lass die Rückbildung “geschehen” und akzeptiere, dass dein Körper für die Veränderungen Zeit braucht. Er weiß, wie er wieder zu seinem alten Zustand zurückkehrt. Versöhne dich damit, falls er dies nicht vollständig tut.

 

  • Löse dich von falschen Bildern und beende das Vergleichen. Die Instagram-Bilder der top gestylten Mütter nach der Entbindung haben wenig mit der Realität zu tun. Auch wenn manche bereits drei Wochen nach Geburt wieder voll in den Sport einsteigen, so muss das nicht zwingend für dich gelten. Hier findest du ein passendes Video: Bauchvielfalt

rund8fit, Bäuche nach der Geburt.

  • Beginne den körperlichen Aufbau und das Training sanft. Bleibe in Verbindung mit deinem Körper und nimm wahr, wie er zu dir spricht. Die Regeneration steht nach der Geburt im Vordergrund, so wie eine Spitzenathletin nach der Höchstleistung auch nicht gleich wieder Vollgas gibt. Sei auch bei den Übungen aufmerksam mit deinem Körper. Wir begleiten dich gerne mit unseren verschiedenen Stufen (Stufe 1-4), um dich optimal auf deine sportlichen Wiedereinstieg vorzubereiten.

 

  • Fühle Dankbarkeit für deinen Körper – so wie er sich jetzt anfühlt. Schenke ihm den Respekt, den er verdient. Entdecke die Faszination deines Körpers und das Wunder, das er jetzt gerade im Wandel ist. Erkunde das neue Körpergefühl und versuche auch hier die Schönheit deines neuen Körpers zu sehen. 

 

  • Gönne dir Zeit für dich. Auch wenn du fast rund um die Uhr für dein Baby da bist: Schaffe dir kleine Inseln der Erholung. Erspüre, was dir guttut. Auszeiten im Alltag sind wichtig, denn nur mit ausreichender Ruhe kannst du auf deinen Körper hören und hast Energie für dich und dein Kind.

 

  • Suche Unterstützung von deinem Partner/deiner Partnerin, deinem Freundeskreis oder von Bekannten. Sei es Hilfe in der Kinderbetreuung, im Haushalt oder mentale Unterstützung. Lass dir helfen, damit du dich auch um dich kümmern kannst. So findest du auch Zeit für Bewegung und eine gute Rückbildung.

 

  • Habe einen positiven Blick auf deinen Körper. Lasse ihn mehr sein als ein Objekt, das wieder in Form und zu voller Leistungsfähigkeit gebracht werden muss. Sei “per DU” und wohlwollend mit deinem Körper, begegne ihm bewusst und suche den Dialog. So kannst du mehr und mehr dein Zuhause (wieder) in ihm finden.

 

Diesen Artikel hat Dr. Monika Leitner für uns geschrieben. Lies hier mehr über ihre Person und ihr Angebot.

 

 

Quellen:

Profilfoto Autorin: Nic.Olshiati

Über die Autorin Monika Leitner

Ich bin Physio- und Körpertherapeutin, Dozentin an einer Hochschule, Kursleiterin und Barfuss-Läuferin im Wald. Ich arbeitete 8 Jahre in einem Akutspital, wo ich auch die Wochenbettstation betreute und in der Rückbildung Erfahrung sammelte. Daraus ergab sich dann mein Interesse für den weiblichen Beckenboden.
Nach 20 Jahren therapeutischer Tätigkeit in der Rehabilitation des Beckenbodens faszinierte mich dieses Gebiet so sehr, dass ich darin mein Doktorat absolvierte und 2017 an der Universität Bern abschloss.
Mein Anliegen ist es die Gesundheit von Frauen zu fördern und sie zu körperlicher Aktivität zu motivieren und zu befähigen. Insofern ist es mein Anliegen, Frauen nach der Geburt zu beraten und bei der Wiederaufnahme von Sport zu coachen.
Neben dem wissenschaftlichen Fokus, beziehe ich in meiner Arbeit auch psychische, psychoneuroimmunologische, energetische und spirituelle Aspekte mit ein.
Ich biete auch persönliches Gesundheitscoaching / Trainingsberatung, Herzraten-Variabilitäts-Analyse, Vagus-Training und Schwingungsmedizin an. Ich berate KundInnen betreffend ihrer Fuss-Gesundheit und arbeite mit TYFO-Schuheinlagen.
Ich liebe die Natur und Berge und bin in der Freizeit gerne mit dem Mountainbike und zu Fuss unterwegs.

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