Organsenkung in der Schwangerschaft – Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten

Aktuelle Neuigkeiten: Hast du schon unser brandneues Programm Rücken Fit gesehen? Startet erstmals am 30. Juni 2025

Organsenkung in der Schwangerschaft

Du spürst ein unbekanntes Druckgefühl, als würde „etwas nach unten ziehen“? Vielleicht sogar das Gefühl, als wäre etwas in deiner Vagina, das dort nicht hingehört? Du bist nicht allein – solche Wahrnehmungen, auch während der Schwangerschaft, verunsichern viele Frauen und kommen häufiger vor, als man denkt.

Oft wird dann gegoogelt, geschwiegen oder verdrängt. Dabei ist das Thema gar nicht so selten: Organsenkungen – auch als Prolaps bezeichnet – sind in der Schwangerschaft keine aussergewöhnliche Erscheinung. Sie treten auf, wenn sich ein oder mehrere Organe im Bauchraum nach unten verschieben, häufig durch die zunehmende Belastung des Körpers durch das wachsende Baby.

Besonders betroffen sind die Blase, der Darm oder die Gebärmutter. Im Folgenden erklären wir dir, warum Organsenkungen während der Schwangerschaft auftreten, welche Symptome sie verursachen und wie sie behandelt werden können.

Ursachen von Organsenkungen in der Schwangerschaft  

Eine Schwangerschaft bringt eine Vielzahl von körperlichen Veränderungen mit sich. Das zunehmende Gewicht des wachsenden Babys, die Lockerung des Bindegewebes und eine verstärkte Durchblutung sind nur einige Faktoren, die deinen Körper in dieser Zeit beeinflussen (Weniger Beschwerden durch Sport in der Schwangerschaft). Diese Veränderungen können sich auf die Position der Organe im Bauchraum auswirken und dazu führen, dass sie nach unten sinken oder sich verschieben. 

  • Wachsendes Baby und Uterus: Mit dem Wachstum deines Babys wird der Uterus grösser und übt mehr Druck auf die umliegenden Organe aus, was zu einer  Verschiebung oder Senkung führen kann. 
  • Hormonelle Veränderungen: Während der Schwangerschaft produziert dein  Körper vermehrt das Hormon Relaxin, das das Bindegewebe und die Bänder  lockert, um Platz für das wachsende Baby zu schaffen. Dies kann dazu führen,  dass die Organe weniger stabil sind und leichter nach unten sinken. 
  • Erhöhte Belastung des Beckenbodens: Dein Beckenboden trägt während der Schwangerschaft eine grosse Last, insbesondere gegen Ende der Schwangerschaft. Eine Schwächung oder Überdehnung des Beckenbodens kann dazu führen, dass Organe wie die Blase, der Darm oder die Gebärmutter absinken. 
  • Mehrere Schwangerschaften: Frauen, die bereits mehrere Schwangerschaften hatten, haben aufgrund der wiederholten Dehnung des Bindegewebes und des Beckenbodens ein höheres Risiko für Organsenkungen. Möglicherweise besteht aufgrund einer vorangegangenen Schwangerschaft oder Geburt bereits eine Senkungsthematik.

 

Symptome von Organsenkungen in der Schwangerschaft

Die Symptome einer Organsenkung während der Schwangerschaft können je nach betroffenem Organ unterschiedlich sein. Häufige Symptome sind: 

  • Druckgefühl im Unterbauch oder Beckenbereich: Besonders gegen Ende der  Schwangerschaft berichten Frauen oft von einem unangenehmen Druck im unteren  Bauchbereich, was durch das Sinken von Organen verursacht werden kann.
  • Häufiger Harndrang oder Inkontinenz: Wenn die Blase nach unten sinkt, kann es  zu häufigem Harndrang oder sogar zu unfreiwilligem Harnverlust (Inkontinenz in der Schwangerschaft und nach der Geburt) kommen. Beide Symptome können jedoch auch unabhängig von einer Senkung auftreten. 
  • Schwierigkeiten beim Stuhlgang oder Verstopfung: Ein gesunkener Darm kann  das Gefühl von Verstopfung verursachen oder den Stuhlgang erschweren, wodurch wiederum Hämorrhoiden (Hämorrhoiden – was tun, wenn es juckt, brennt und schmerzt?) entstehen können. 
  • Schmerzen oder Unwohlsein im Beckenbodenbereich: Eine Senkung des Gebärmutterhalses oder der Blase kann zu einem unangenehmen Gefühl im Beckenbereich führen (Beckenbodenschmerzen beim Geschlechtsverkehr). 
  • Schmerzen im unteren Rücken: Die zusätzliche Belastung durch die  Organsenkung kann auch zu Rückenschmerzen führen, da der Körper versucht,  die veränderte Position der Organe auszugleichen. 

 

Unterscheidung der betroffenen Organe bei einer Organsenkung

Von einer Organsenkung können verschiedene innere Organe im Beckenbereich betroffen sein – am häufigsten die Gebärmutter, die Harnblase oder der Darm.

Blase (Zystozele): Die vordere und/oder hintere Blasenwand kann sich senken, was zu einer  Blasenschwäche und Harninkontinenz führen kann. 

Zystozele Organsenkung

Gebärmutter: Die Gebärmutter kann sich senken, dies spürt man häufig als Druck oder Fremdkörpergefühl. Viele Frauen äussern, dass es sich anfühlt, als spüre man  einen Tischtennisball/Golfball in der Vagina. 

Darm (Rektozele): Der untere Teil des Dickdarms (Rektum) kann sich senken, was zu Schmerzen, Verstopfung oder Stuhlinkontinenz führen kann. 

Rektozele Organsenkung

Diagnose von Organsenkungen in der Schwangerschaft

Eine Organsenkung wird in der Regel von einer/m Gynäkologin/en diagnostiziert. Durch eine gründliche Untersuchung und eine Anamnese können die Symptome erfasst und die  genaue Ursache ermittelt werden. Bei einer Untersuchung kann es eine Rolle spielen, zu welcher Tageszeit und in welcher Körperposition sie erfolgt. Durch die Belastung im Verlauf des Tages und die Wirkung der Schwerkraft im Stehen lässt sich eine Senkung möglicherweise besser ertasten. Idealerweise wird daher auch in der Position untersucht, in der die Beschwerden am stärksten auftreten. In einigen Fällen sind Ultraschalluntersuchungen (Beckenboden-Ultraschall: Den Beckenboden sichtbar machen) notwendig, um die Organe im Detail zu betrachten. 

 

Organsenkungen lassen sich in 4 Schweregrade unterteilen: 

Grad 0: keine Absenkung 

Grad 1: leichte Absenkung, die Organe sitzen allerdings noch innerhalb der Vagina

Grad 2: Die Organe sind bis zum Vaginaleingang abgesunken und können dort ertastet werden. 

Grad 3:  Die Organe treten bis zu 1cm aus der Vagina aus.

Grad 4: Die Organe treten zu einem grossen Teil oder vollständig aus der Scheide aus (Totalprolaps)

Absenkung Organsenkung Gebärmutter

 

WICHTIG: Der Grad der Senkung und die spürbaren Symptome korrelieren nicht. So kann  die eine Frau bereits bei einer Senkung ersten Grades ausgeprägte Symptome wahrnehmen und eine andere Frau mit einer höher diagnostizierten Senkung kann andersherum auch kaum oder keine Beschwerden haben. 

 

Behandlungsmöglichkeiten von Organsenkungen in der Schwangerschaft

Die Behandlung von Organsenkungen hängt vom Schweregrad der Beschwerden und der betroffenen Organe ab. Aber keine Sorge, häufig helfen schon kleine Übungen oder auch einfach ein wenig mehr Aufmerksamkeit im Alltag, um die Beschwerden zu lindern.

  • Beckenbodentraining: Eine der effektivsten Methoden zur Behandlung von Organsenkungen ist das Beckenbodentraining. Spezielle Übungen stärken die  Muskulatur des Beckenbodens, was dazu beiträgt, die Organe zu stützen und das Risiko einer weiteren Senkung zu verringern. Ein effektives Beckenbodentraining lässt sich zu Hause problemlos umsetzen (Sportprogramm in der Schwangerschaft inkl. Beckenbodentraining) – entweder ohne Hilfsmittel oder mit gezielter Unterstützung durch entsprechende Tools (Beckenbodentraining mit Hilfsmittel). Manche Fachpersonen warnen vor dem Beckenbodentraining mit Hilfsmittel in der Schwangerschaft aufgrund einer erhöhten Infektionsgefahr. Ein hygienischer Umgang mit den Trainingsgeräten sollte jedoch auch unabhängig von einer Schwangerschaft selbstverständlich sein.
  • Anwendung von Pessaren: Ein Pessar kann die Organe stützen und die  Beschwerden für diese Zeit deutlich reduzieren (Das Pessar – der Sport BH für Blase, Gebärmutter und Enddarm). Ein Pessar ist auch während der  Schwangerschaft gut anwendbar. Hierfür solltest du dich unbedingt von einer Fachperson beraten lassen.
  • Bewusstes Heben: Ob beim Krafttraining oder im Alltag mit Kind: Bewusstes Heben – unterstützt durch die Atmung, eine gute Haltung und saubere Ausführung – kann den Beckenboden entlasten und stärken. Ein gezieltes Training während der Schwangerschaft bereitet dich optimal auf solche Alltagssituationen vor. Pauschale Aussagen wie „nicht mehr als 5 kg heben“ sind wissenschaftlich nicht haltbar und führen eher zu Verunsicherung als zu sinnvoller Prävention.
  • Chirurgische Eingriffe: In sehr seltenen Fällen, in denen die Organsenkung sehr  ausgeprägt ist (Grad 4: Totalprolaps) und zu erheblichen Beschwerden führt, kann eine  Operation notwendig sein. Dies ist jedoch eher selten und wird in der Regel erst nach der Geburt in Betracht gezogen. 

 

Vorbeugung von Organsenkungen in der Schwangerschaft

Obwohl es nicht immer möglich ist, Organsenkungen während der Schwangerschaft (und auch nach der Geburt) zu verhindern, gibt es einige Massnahmen, die helfen können, das Risiko zu verringern: 

  • Gezielte Beckenbodenübungen: Schon vor und während der Schwangerschaft  können dir spezielle Übungen helfen, deinen Beckenboden zu stärken und so eine  mögliche Organsenkung zu verhindern (Schwangerschaftsprogramm inkl. Beckenbodentraining angepasst auf die Schwangerschaftswoche). 
  • Vermeidung von Übergewicht: Ein gesundes Gewicht in der Schwangerschaft  reduziert den Druck auf die Organe und den Beckenboden. Jedoch solltest du  während der Schwangerschaft auf eine Diät verzichten. 
  • Umkehrpositionen einnehmen: Bei einer Umkehrposition wird das Becken höher gelagert als der Schulterbereich, sodass die Schwerkraft hilft, die Organe wieder zurück in den Bauchraum zu bewegen und somit die Beckenbodenmuskulatur zu entlasten. Zu den Umkehrpositionen gehören u.a. die Brücke (unterlagert mit Kissen) oder der Vierfüsslerstand, stützend auf den Unterarmen. 

Umkehrposition Organsenkung Schwangerschaft

 

  • Alltagsverhalten: Wer seinem Beckenboden etwas Gutes tun will, sollte auf der Toilette nicht pressen, sondern sich Zeit lassen. Ein kleiner Hocker unter den Füssen bringt den Darm in Schwung – ganz ohne Kraftakt. So bleibt der Druck auf den Beckenboden gering.

Organsenkung Toilettenverhalten

 

Was passiert nach der Geburt?

Sobald das Baby auf der Welt ist, fällt der Faktor vom Gewicht des Babys natürlich schon mal weg. Auch hormonell verändert sich wieder ganz viel. Trotzdem hat sich das Problem mit der Organsenkung dann nicht unbedingt von allein erledigt. Es ist sicher wichtig, dass du die Ruhezeit im Wochenbett sehr ernst nimmst, weiterhin das lange Stehen, ausgedehnte Spaziergänge oder das Tragen von schweren Gewichten zu Beginn noch versuchst zu vermeiden.

Bereits kurze Zeit nach der Geburt kannst du mit sehr leichten Übungen beginnen, um die Rückbildung zu unterstützen, beispielsweise Atem- oder Wahrnehmungsübungen. Unser kostenloser Wochenbettkurs nach vaginaler Geburt oder nach Bauchgeburt kann dich hierbei unterstützen. Ausserdem solltest du dich ernsthaft mit einem geeigneten Rückbildungskurs befassen, denn dadurch können die Beschwerden tatsächlich behoben werden. Sollte dies nicht der Fall sein und du nimmst auch nach mehreren Wochen noch Beschwerden wahr, die eine Unsicherheit in dir auslösen, nimm Kontakt mit deiner Gynäkologin, Hebamme oder einer spezialisierten Physiotherapeutin auf. Es gibt immer eine Behandlungsmöglichkeit, die zu dir passt.

Sich informieren ist immer hilfreich: Viel Wissen und Tipps findest du auch in unserem Blogbeitrag Was tun bei Organsenkung?.

 

Fazit  

Organsenkungen in der Schwangerschaft sind in vielen Fällen eine normale Reaktion des Körpers auf die zunehmende Belastung durch das wachsende Baby. In den meisten Fällen sind sie kein Grund zur Sorge und können mit Beckenbodentraining und weiteren  Massnahmen gut behandelt werden. Es ist jedoch wichtig, auf Symptome wie Druck im Beckenbereich, Harninkontinenz oder Rückenschmerzen zu achten und im Zweifelsfall  ärztlichen oder therapeutischen Rat einzuholen. So können mögliche Beschwerden frühzeitig behandelt und die Schwangerschaft so angenehm wie möglich gestaltet werden.

 

Organsenkung in der Schwangerschaft: Expertinnen-Talk zwischen Hebamme Sophie und Beckenbodenphysiotherapeutin Caroline

Hier erwartet dich ein Expertinnen-Talk zwischen Hebamme Sophie und Beckenbodenphysiotherapeutin Carolin. Unser Ziel mit diesem Video ist es nicht, Angst zu machen – sondern aufzuklären! Denn wir finden: Genau das passiert noch viel zu selten.

Eine Schwangerschaft kann das Risiko für eine Organsenkung erhöhen. Viele Frauen starten zudem mit bereits bestehenden Senkungsthematiken – etwa als Folge vorheriger Schwangerschaft(en) und Geburt(en) – in eine neue Schwangerschaft. Doch was bedeutet das konkret? Und welche Möglichkeiten hast du als betroffene Frau – im Alltag, beim Sport und mit Blick auf die Geburt und die Zeit danach? In diesem Video bekommst du fundierte Antworten, praxisnahe Tipps und vor allem eines: mehr Sicherheit im Umgang mit deinem Körper in und nach der Schwangerschaft.

Dieser Talk wurde in unserem Schwangerschaftsforum aufgezeichnet – in unserem Schwangerschaftsprogramm gibt es nebst dem sportlichen Teil regelmässige Live-Talks mit Fachpersonen.

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

 

Literatur:

  • https://www.sggg.ch/fileadmin/user_upload/Dokumente/6_Fuer_Frauen/SGGG-Broschuere22_D_Nov22.pdf
  • www.pelvisuisse.ch
  • “Blasensenkung” von PD Dr. med. Kaven Baeßler (S. 11-13)
  • “Das grosse Gynbuch” – Prof. Dr. Mandy Mangler
  • Schulten SFM, Claas-Quax MJ, Weemhoff M, van Eijndhoven HW, van Leijsen SA, Vergeldt TF, IntHout J, Kluivers KB. Risk factors for primary pelvic organ prolapse and prolapse recurrence: an updated systematic review and meta-analysis. Am J Obstet Gynecol. 2022 Aug;227(2):192-208. doi: 10.1016/j.ajog.2022.04.046. Epub 2022 Apr 30. PMID: 35500611
  • Norby N, Murchison AB, McLeish S, Ghahremani T, Whitham M, Magann EF. Uterine Prolapse in Pregnancy: A Review. Obstet Gynecol Surv. 2023 Sep;78(9):537-543. doi: 10.1097/OGX.0000000000001192. PMID: 37976302.
  • Ryhtä I, Axelin A, Parisod H, Holopainen A, Hamari L. Effectiveness of exercise interventions on urinary incontinence and pelvic organ prolapse in pregnant and postpartum women: umbrella review and clinical guideline development. JBI Evid Implement. 2023 Dec 1;21(4):394-408. doi: 10.1097/XEB.0000000000000391. PMID: 37849316; PMCID: PMC10715701

Über die Autorin Carolin Haase

Ich bin Physiotherapeutin und Mutter von zwei Kindern.

Ich arbeite in meiner eigenen Praxis in Basel mit dem Schwerpunkt Beckenbodentherapie.

Nach der Geburt meines zweiten Kindes habe ich ein Training gesucht, welches ich möglichst flexibel gestalten kann, aber trotzdem klar strukturiert und aufbauend ist. Bei rund8fit bin ich fündig geworden und war schnell überzeugt. Nachdem ich dann die meisten Kurse absolviert hatte, habe ich das Training auch meinen Patientinnen empfohlen und viele positive Rückmeldungen erhalten.

Deine E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht. Die Pflichtfelder sind mit einem * markiert.

{"email":"Email address invalid","url":"Website address invalid","required":"Required field missing"}