Geburtswissen – alles rund um die Geburt

Ausserordentlicher End of Early Bird nähert sich!  Sichere dir jetzt noch dein 8-Wochenprogramm zum vergünstigten Preis!

Geburtswissen

Viele denken, Geburt passiert einfach. Doch in Wirklichkeit ist es ein fein abgestimmtes Zusammenspiel: Dein Körper bewegt sich, dein Baby arbeitet mit – und gemeinsam bahnt ihr euch den Weg durch diesen besonderen Prozess.

In diesem Artikel zeigt dir unsere Hebamme Sophie, warum dein Becken dabei eine Schlüsselrolle spielt – und wie du mit gezielter Bewegung, Körperwahrnehmung und Wissen deine Geburt aktiv mitgestalten kannst.

Und auch wenn all das keine Garantie für eine „perfekte Geburt“ ist – es kann dir helfen, selbstbewusster, informierter und gut vorbereitet in diesen Moment zu gehen.

Geburtswissen - Alles rund um die Geburt

Geburt als dynamischer Prozess

Die Geburt ist ein dynamischer Prozess, in dem Mutter und Kind in einem fein abgestimmten Zusammenspiel agieren. Während die Gebärmutter rhythmisch arbeitet, Wehen den Fortschritt der Geburt vorantreiben und Hormone auf vielfältige Weise regulierend eingreifen, ist es vor allem das Becken der Frau, das durch seine Form, Beweglichkeit und Anpassungsfähigkeit massgeblich über den Geburtsverlauf entscheidet. Das Baby selbst ist kein passiver Teil dieses Prozesses, sondern arbeitet aktiv mit, indem es sich dreht, beugt und streckt, um sich optimal durch den Geburtskanal zu bewegen. Dieses Verständnis bildet die Grundlage für eine geburtsvorbereitende Praxis, die auf Beweglichkeit, Körperwahrnehmung und gezielte Positionierung setzt. Damit du dieses Wissen auch praktisch umsetzen kannst, haben wir in unserem Schwangerschaftsprogramm 8 neue Videos inkl. PDF integriert, die dich Schritt für Schritt begleiten.

 

Wissenschaftlich fundierte Ansätze für Schwangerschaft und Geburt

In meiner Arbeit als Hebamme orientiere ich mich an wissenschaftlichen Erkenntnissen ebenso wie an praktischen Konzepten, die Frauen befähigen, ihre Geburt selbstbestimmt zu erleben. Besonders die Ansätze von Spinning Babies® (O’Connell & Jensen, 2013), die auf eine optimale fetale Positionierung durch bewusste Haltungen und Bewegungen abzielen, sowie das Programm Training for Two (Mamaste, 2022), das Fitness, Mobilität und Entspannung während der Schwangerschaft kombiniert, haben sich für mich als wertvolle Werkzeuge erwiesen. Beide Konzepte stellen die Bedeutung des mütterlichen Beckens und der kindlichen Position für einen physiologischen Geburtsverlauf in den Mittelpunkt und liefern praktische Ansätze, die in der Hebammenarbeit gut integriert werden können.

 

Anatomie des Beckens: Ein flexibles System

Das weibliche Becken ist kein starres Knochengerüst, sondern ein flexibles System aus Knochen, Bändern, Gelenken und Muskulatur. Während der Schwangerschaft lockern hormonelle Veränderungen wie das vermehrt ausgeschüttete Relaxin die Bänder und Gelenke, sodass das Becken seine Form leichter anpassen kann. Diese anatomische und funktionelle Flexibilität ist entscheidend, da das Kind im Verlauf der Geburt drei unterschiedliche Ebenen durchläuft, die jeweils eigene Herausforderungen an seine Bewegungen und die Gebärpositionen der Mutter stellen.

Geburtswissen Beckenebenen

Der Beckeneingang ist queroval geformt und bietet seitlich mehr Platz. Hier erleichtern aufrechte Körperhaltungen und eine leichte Vorneigung des Oberkörpers den Eintritt des kindlichen Köpfchens. In der Beckenmitte, die rund geformt ist, muss sich das Baby drehen, um sich optimal auf den Beckenausgang auszurichten. Diese Phase wird durch asymmetrische Positionen und Bewegungen der Gebärenden unterstützt. Schliesslich erreicht das Kind den längsovalen Beckenausgang, dessen Erweiterung vor allem durch Beweglichkeit des Kreuzbeins und Entspannung der Beckenbodenmuskulatur begünstigt wird.

 

Einfluss der kindlichen Position auf den Geburtsverlauf

Die Lage des Babys im Becken ist ein entscheidender Faktor für den Geburtsverlauf. In der überwiegenden Mehrheit der Schwangerschaften liegt das Kind gegen Ende der Schwangerschaft in Schädellage. Studien zeigen, dass etwa 94–96 % aller Kinder bei Geburt in Schädellage liegen, während Beckenendlagen (BEL) in etwa 3–4 % und Querlagen in weniger als 0,5 % aller Fälle auftreten (Hickok et al., 1992; RCOG, 2017). Innerhalb der Schädellage ist die genaue Ausrichtung des Hinterkopfes (Occiput) von grosser Bedeutung: Etwa 15–32 % aller Kinder beginnen die Geburt in occiput-posteriorer Lage (OP), auch als „Sternengucker“ bezeichnet, weil das Kind bei der Geburt scheinbar nach oben schaut.  Der Hinterkopf ist dabei zu Wirbelsäule der Mutter ausgerichtet. Die meisten dieser Babys rotieren im Verlauf der Geburt in eine occiput-anteriore Lage (der Hinterkopf des Kindes ist zu der Symphyse ausgerichtet), jedoch verbleiben 5–8 % der Geburten dauerhaft in OP-Position (Ponkey et al., 2003; Fitzpatrick et al., 2001).

Geburtswissen Positionen

Diese anhaltenden OP-Lagen sind in zahlreichen Studien mit einem erhöhten Risiko für verlängerte Geburtsverläufe, insbesondere eine längere Austreibungsphase, verbunden. Frauen mit einem Kind in OP-Position haben häufiger Bedarf an instrumentellen Entbindungen wie Zange oder Saugglocke, und das Risiko für einen Kaiserschnitt steigt signifikant (SOGC Clinical Practice Guideline, 2017; Pereira et al., 2019). Zudem treten bei OP-Lagen häufiger Dammverletzungen höheren Grades auf (Gardberg et al., 1998; Ponkey et al., 2003), und Mütter berichten häufiger über starke Rückenschmerzen während der Geburt, da der Rücken des Babys verstärkt gegen die Wirbelsäule der Mutter drückt (Pearson et al., 2010). Auch für das Neugeborene gibt es erhöhte Risiken: Studien zeigen eine höhere Wahrscheinlichkeit für niedrigere Apgar-Werte und eine kurzfristige intensivmedizinische Betreuung (Mishanina et al., 2014).

Interessanterweise deuten Vergleiche historischer und aktueller Daten darauf hin, dass persistierende OP-Lagen heute häufiger diagnostiziert werden als noch vor einigen Jahrzehnten (Shaffer et al., 2006; Lieberman et al., 2005).

Dies könnte teilweise mit verbesserten diagnostischen Möglichkeiten, z.B. durch den routinemässigen Einsatz von Ultraschall, zusammenhängen, zum Teil aber auch durch Veränderungen im Lebensstil vieler schwangerer Frauen. Ein zunehmend sitzender Lebensstil, häufiges Sitzen in zurückgelehnten Positionen und ein Mangel an funktioneller Bewegung im Alltag könnten die Ausrichtung des Babys beeinflussen, da die Schwerkraft und die Position des mütterlichen Beckens massgeblich dazu beitragen, wie sich das Kind einstellt.

Physiotherapeutische und geburtsmechanische Untersuchungen (Andrews & Ellwood, 2012; Simkin, 2014) legen nahe, dass Frauen, die während der Schwangerschaft regelmässig Bewegung, asymmetrische Positionen und Beckenmobilisation praktizieren, seltener persistierende OP-Lagen aufweisen.

In vielen traditionellen Gesellschaften waren Schwangere bis kurz vor der Geburt in Alltagsaktivitäten eingebunden, die ein breites Spektrum an Bewegungen beinhalteten – von Hocken über Tragen bis hin zu knienden Tätigkeiten. Diese Bewegungsvielfalt wird mit einer besseren Beckenmobilität und günstigeren fetalen Positionen in Verbindung gebracht (Walcher, 1889; Gagnon & Sandall, 2007). Heute verbringen viele Frauen jedoch den Grossteil des Tages sitzend, was den Beckenboden, die Hüftflexoren und die Lendenwirbelsäule in eine Position bringt, die nicht immer die optimale Anpassung des Babys unterstützt. Eine gute Beckenbeweglichkeit, eine bewusste Körperhaltung und gezielte Bewegungsarbeit in der Schwangerschaft tragen dazu bei, die Wahrscheinlichkeit günstiger Positionen zu erhöhen und Vertrauen in den eigenen Körper aufzubauen.

 

Bewegungsarbeit als Vorbereitung und Unterstützung

Ein wesentlicher Bestandteil meiner Arbeit als Hebamme besteht darin, Schwangere darin zu begleiten, die Beweglichkeit und Ausrichtung ihres Beckens zu fördern. Die geburtsvorbereitenden Beewegungssequenzen im Schwangerschaftsprogramm von rund8fit sind auf die drei Ebenen des Beckens abgestimmt.

Übungen für den Beckeneingang schaffen Raum durch Mobilisation und Dehnung der Hüftbeuger, während Sequenzen für die Beckenmitte asymmetrische Positionen nutzen, um die Spiralbewegung des Babys zu fördern. Für den Beckenausgang liegt der Fokus auf der Beweglichkeit des Kreuzbeins und der Entspannung des Beckenbodens, um den letzten Abschnitt der Geburt zu erleichtern.

Diese Bewegungen sind nicht nur unter der Geburt hilfreich, sondern können bereits ab der zweiten Schwangerschaftshälfte in den Alltag integriert werden. Auf diese Weise lässt sich nicht nur der Geburtsprozess aktiv unterstützen, sondern auch das eigene Körpergefühl stärken und Beschwerden in der Schwangerschaft vorbeugen.

Geburt Sequenzen

 

Alltagstipps für Schwangere: Kleine Anpassungen mit grosser Wirkung

Auch im Alltag kannst du mit kleinen Veränderungen viel dazu beitragen, deinem Baby eine günstige Position zu ermöglichen und gleichzeitig deinen eigenen Körper zu entlasten.

  • Besonders beim Liegen und Ausruhen empfiehlt sich die Seitenlage – am besten auf der linken Seite. So wird die Durchblutung von Gebärmutter und Plazenta optimal unterstützt. Achte darauf, dass Hüfte, Knie und Füße in einer Linie liegen, und nutze Kissen zwischen den Knien sowie unter dem Bauch. Dein Baby liegt dann wie in einer sanft getragenen „Hängematte“ – gestützt und mit ausreichend Bewegungsraum. Beim Aufstehen aus der Liegeposition kann es angenehm sein, sich erst auf die Seite zu drehen und sich dann mit den Armen hochzuschieben. Diese Variante ist oft leichter, vor allem in fortschreitender Schwangerschaft, als das Aufkommen über die Rückenlage.

Geburtswissen Schlafen

  • Auch das Sitzen kann bewusst gestaltet werden: Setze dich aktiv auf deine Sitzbeinhöcker und kippe dein Becken leicht nach vorne. Eine hilfreiche Vorstellung ist, dass dein Bauchnabel wie eine Taschenlampe leicht nach vorne unten leuchtet. Diese Haltung begünstigt nicht nur die Position deines Babys, sondern unterstützt auch deine eigene Beweglichkeit.

Geburtswissen Sitzen

  • Selbst auf der Toilette spielt Haltung eine Rolle. Mit einer entspannten, aufrechten Position und leicht erhöhten Füssen – etwa durch einen kleinen Hocker – kann der Beckenboden geschont werden, und die Entleerung erfolgt leichter und ohne unnötiges Pressen.

Geburtswissen Toilette

Diese Alltagstipps zeigen, wie schon kleine Anpassungen grosse Wirkung haben können. Bewusste Haltung und gezielte Bewegungen tragen nicht nur zur Geburtsvorbereitung bei, sondern unterstützen das Wohlbefinden während der gesamten Schwangerschaft.

 

Geburt als Teamarbeit von Mutter und Kind

Das Bewusstsein dafür, dass Geburt kein rein passiver Vorgang ist, sondern ein aktives Miteinander von Mutter und Kind, ist für viele Schwangere ein wichtiger Schlüssel zu mehr Selbstvertrauen. Bewegungen, Haltungen und Atemtechniken beeinflussen nicht nur das mütterliche Erleben, sondern auch die Arbeit des Babys. 

Das Geburtswissen kompakt und die geburtsvorbereitenden Bewegungssequenzen im Schwangerschaftsprogramm von rund8fit vereinen wissenschaftlich fundiertes Wissen, praktische Bewegungsübungen und alltagsnahe Empfehlungen. Es versteht sich als Ergänzung zu klassischen Geburtsvorbereitungskursen und richtet sich an Frauen, die ihr Körperbewusstsein vertiefen und sich aktiv auf die Geburt vorbereiten möchten. Wer versteht, wie das Becken funktioniert, wie sich das Baby bewegt und wie gezielte Übungen helfen können, gewinnt eine neue Art von Sicherheit – eine Sicherheit, die nicht auf Kontrolle, sondern auf Vertrauen und Kompetenz basiert.

 

Geburtswissen hilft, ist aber keine Garantie für eine “perfekte Geburt”

So wertvoll geburtsvorbereitende Übungen und ein fundiertes Verständnis von Körpermechanik auch sind, eine komplikationslose Geburt kann niemals garantiert werden. Jede Geburt ist einzigartig und wird von vielen Faktoren beeinflusst – anatomischen Gegebenheiten, hormonellen Prozessen, psychischen Aspekten, äusseren Umständen und nicht zuletzt von der individuellen Zusammenarbeit von Mutter und Kind. Dennoch bietet Wissen Sicherheit: Wer versteht, wie der Körper arbeitet, kann bewusster Entscheidungen treffen, sich sicherer fühlen und auch unerwartete Situationen besser annehmen. Bewegungskonzepte und Positionierungstechniken dienen dazu, Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu fördern und den Körper optimal vorzubereiten. Auch wenn sich der genaue Verlauf einer Geburt nicht vorhersagen lässt, stärkt eine gute Vorbereitung das Selbstvertrauen und unterstützt eine positive, selbstbestimmte Geburtserfahrung.

 

Quellen

  • Andrews, V., & Ellwood, D. (2012). Spinning Babies®: Understanding Optimal Fetal Positioning to Facilitate Labor and Birth. Journal of Midwifery & Women’s Health, 57(3), 237–243.
  • Fitzpatrick, M., McQuillan, K., O’Herlihy, C. (2001). Influence of persistent occiput posterior position on delivery outcome. Obstetrics & Gynecology, 98(6), 1027-1031.
  • Gagnon, A., & Sandall, J. (2007). Effects of maternal position on fetal rotation in labor: A systematic review. Birth, 34(3), 210-215.
  • Hickok, D. E., Gordon, D. C., Milberg, J. A., Williams, M. A., & Daling, J. R. (1992). The frequency of breech presentation by gestational age at birth: A large population-based study. American Journal of Obstetrics & Gynecology, 166(3), 851-852.
  • Lieberman, E. et al. (2005). Changes in labor patterns over time. American Journal of Obstetrics & Gynecology.
  • Mamaste (2022). Training for Two: Fit und entspannt durch Schwangerschaft, Geburt und Rückbildung. Independently published.
  • Mishanina, E. et al. (2014). Fetal occiput posterior position: Outcomes. BMJ.
  • O’Connell, G., & Jensen, G. (2013). Spinning Babies® Parent Class.
  • Pearson, J., et al. (2010). Occiput posterior position: Back pain and maternal outcomes. Midwifery Journal, 26(2), 138–144.
  • Pereira, S., et al. (2019). Maternal and neonatal outcomes associated with occiput posterior position. Acta Obstetricia et Gynecologica Scandinavica, 98(7), 899–906.
  • Ponkey, S. E., Cohen, A. P., Heffner, L. J., & Lieberman, E. (2003). Persistent fetal occiput posterior position: Obstetric outcomes. Obstetrics & Gynecology, 101(5), 915–920.
  • RCOG. (2017). Breech Presentation Guideline.
  • Shaffer, B. L., Cheng, Y. W., Vargas, J. E., Laros, R. K., & Caughey, A. B. (2006). Manual rotation of the fetal occiput posterior position: Predictors and outcomes. Obstetrics & Gynecology, 107(3), 582-587.
  • Simkin, P. (2014). Managing malpositions: Clinical and physiological perspectives. Birth, 41(4), 354–362.
  • Shaffer, B. et al. (2006). Malposition trends over decades. Birth.
  • Simkin, P. (2014). Maternal positioning and fetal descent. Birth Journal.
  • SOGC Clinical Practice Guideline. (2017). Labour and birth.
  • Walcher, J. (1889). Mechanik der Geburt.

Deine E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht. Die Pflichtfelder sind mit einem * markiert.

{"email":"Email address invalid","url":"Website address invalid","required":"Required field missing"}