Hast du dich schon einmal gefragt, ob du deinen Beckenboden bei jeder Übung bewusst anspannen musst? Oder ob es vielleicht sogar besser wäre, ihn manchmal locker zu lassen? Die Antwort lautet: Es kommt darauf an!
Ein gesunder Beckenboden arbeitet reflektorisch, also automatisch, wenn er gebraucht wird. Das bedeutet, dass er sich bei bestimmten Belastungen wie Niesen, Hüpfen oder Laufen ganz von selbst anspannt – du musst ihn nicht bewusst aktivieren. Gleichzeitig ist es wichtig zu wissen, dass es Situationen gibt, in denen eine gezielte Anspannung sinnvoll sein kann.
Aber nun erstmal von vorne:
Beckenboden – was, wie, wo?
Der Beckenboden ist eine der zentralen Muskelgruppen, die die Organe im Bauchraum hält, die untere Öffnung des Beckens und die Ausscheidungsorgane verschliesst und für eine erfüllende Sexualität wichtig ist. Ausserdem hilft er bei der Stabilisierung des gesamten Rumpfes und beeinflusst so auch deine Körperhaltung.
Besonders nach einer Schwangerschaft, mit zunehmendem Alter oder durch intensive sportliche Belastung kann die Funktion des Beckenbodens beeinträchtigt sein. Auch, wenn er aus verschiedenen Muskelschichten besteht, sollte man den Beckenboden besser als eine funktionelle Einheit sehen. Wenn du deine Beckenbodenmuskulatur anspannst, sollte dies von aussen nicht sichtbar sein, das heisst Bauch, Gesäss und Oberschenkel sollen entspannt bleiben. Ausserdem musst du den Beckenboden nicht immer maximal anspannen, auch eine sanfte Anspannung ist bereits hilfreich.
Falls du noch Schwierigkeiten mit der Wahrnehmung deines Beckenboden haben solltest, haben wir folgende Hilfestellungen für dich:
- Starte mit der Atmung: nimm bei der Einatmung die Entspannung deines Beckenbodens wahr und aktiviere ihn mit der Ausatmung.
- Versuche zu Tasten: führe ein oder zwei Finger in deine Vagina ein und umklammere sie mit deinem Beckenboden. Falls du zu Beginn kaum etwas spürst, versuche die Bewegung trotzdem gedanklich anzusteuern.
- Damm in den Bauchraum heben: setze dich auf ein kleines, fest zusammengerolltes Handtuch, so dass dein Damm dort aufliegt, versuche dann den Damm von der Rolle abzuheben ohne die Hilfsmuskulatur zu benutzen.
- Körperöffnungen verschliessen: verschliesse gedanklich After (stell dir vor, du hältst Wind oder Stuhlgang zurück), Vagina (stell dir vor, du hältst einen Tampon oder eine Menstasse fest) und Harnröhre (stell dir vor, du hältst Urin zurück) nacheinander und hebe den Beckenboden nach innen in den Bauchraum. Fange von hinten an, das fällt häufig leichter und auch Studien (z.B. Ben Ami & Dar 2018) belegen die Effektivität.
In diesem Blogartikel findest du noch mehr Infos zum Thema Beckenboden.
Wann solltest du deinen Beckenboden anspannen?
In diesen Situationen macht eine bewusste Aktivierung des Beckenbodens Sinn:
- Zu Beginn eines Trainings als Warm-up, um die Wahrnehmung zu schulen und den Beckenboden bewusst in die Bewegung zu integrieren.
- Während deiner Rückbildung, um gezielt Kraft und Kontrolle aufzubauen. Nach einer Geburt benötigt der Beckenboden Zeit zur Regeneration, bevor er wieder belastet werden kann.
- Beim Training mit hohen Belastungen (z.B. Kreuzheben oder Kniebeugen mit schwerem Gewicht), kann (!) es für dich eine Unterstützung sein, um Druck nach unten abzufangen und die Körpermitte stabil zu halten.
- Wenn du Beschwerden hast, wie z.B. ein Druckgefühl im Beckenboden oder leichte Inkontinenz, um punktuell Stabilität zu erhöhen und das Gewebe zu entlasten.
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Wann solltest du den Beckenboden locker lassen?
Genauso wichtig wie das gezielte Anspannen ist das bewusste Entspannen des Beckenbodens. Ein Muskel, der nicht entspannen kann, kann auch nicht effizient arbeiten. Diese Situationen erfordern ein bewusstes Loslassen:
- Beim Laufen – der Beckenboden arbeitet automatisch mit. Eine bewusste Dauerspannung kann hier kontraproduktiv sein und Verspannungen verursachen.
- Bei funktionellen Übungen wie Squats oder Ausfallschritten – hier wird der Beckenboden reflektorisch aktiv, eine bewusste Anspannung ist nicht nötig. Ausser eben es treten Beschwerden / Symptome auf.
- Im Alltag – es ist nicht nötig, den Beckenboden dauerhaft angespannt zu halten. Im Gegenteil – dies kann sogar zu einer Dysbalance führen. Lass ihn immer wieder bewusst locker.
- Nach dem Training oder einem langen Tag – eine bewusste Entspannung, z.B. in der Child-Pose oder einer Umkehrhaltung, hilft der Muskulatur zu regenerieren und Verspannungen vorzubeugen.
Wie kannst du den Beckenboden in dein Training integrieren?
Ein ganzheitliches Beckenbodentraining bedeutet mehr als nur Anspannen und Loslassen. Es geht darum, ihn in deine gesamte Trainingsroutine einzubinden. Hier ein paar Tipps:
- Warm-up: Bereite deinen Beckenboden mit reflektorischen Übungen auf das Training vor. Dies kann durch sanfte Aktivierungsübungen oder gezielte Atemtechniken geschehen.
- Bewusste Wahrnehmung: Spanne deinen Beckenboden gezielt an und lasse ihn dann wieder los, um das Zusammenspiel mit der restlichen Muskulatur zu verbessern. Wahrnehmungsübungen helfen dir, den Beckenboden besser zu spüren.
- Funktionelles Training:
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- Atmung nutzen: Atme beim anstrengenden Teil einer Übung aus – so unterstützt du den Beckenboden und stabilisierst den Rumpf. Eine koordinierte Atmung ist essentiell für eine gesunde Beckenbodenfunktion, da das Zwerchfell und der Beckenboden durch Muskel- und Bindegewebe miteinander verbunden sind und so eine funktionelle Einheit bilden.
- Core-Training einbinden: Der Beckenboden ist Teil der tiefen Rumpfmuskulatur. Kräftigungsübungen für die Core-Muskulatur (z.B. Planks oder Bridging) helfen dabei, ihn funktionell zu unterstützen.
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- Cool-Down: Plane bewusste Entspannungsübungen am Ende deines Workouts ein. Hier eignen sich Dehnübungen, Mobilisationsübungen oder entspannende Atemtechniken.
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Häufige Fehler im Beckenbodentraining
Viele Menschen machen unbewusste Fehler beim Beckenbodentraining. Hier sind einige der häufigsten:
- Daueranspannung: Wer den Beckenboden den ganzen Tag bewusst anspannt, riskiert Verspannungen und Schmerzen.
- Falsche Atmung: Halte beim Anspannen nicht die Luft an, sondern kombiniere es mit einer bewussten Ausatmung.
- Zu viel Fokus auf Anspannung: Der Beckenboden braucht sowohl Kraft als auch Entspannungsfähigkeit. Wer nur anspannt, trainiert ihn nicht funktionell.
- Ignorieren von Schmerzen: Falls du Schmerzen beim Training hast, ist das ein Zeichen dafür, dass deine Technik noch nicht ganz korrekt ist oder eine Überlastung vorliegt. Hier lohnt sich eine professionelle Beratung bei einer spezialisierten Beckenbodenphysiotherapeutin.
Schau dir doch auch mal unseren Mythencheck zum Thema Beckenboden an!
Fazit: Dein Beckenboden ist dynamisch!
Der Beckenboden ist eine flexible Muskelgruppe, die sich automatisch an Belastungen anpasst. In manchen Situationen ist eine bewusste Aktivierung hilfreich, in anderen solltest du ihn gezielt entspannen. Ein gesundes Gleichgewicht zwischen Spannung und Entspannung macht ihn nicht nur belastbarer, sondern sorgt auch dafür, dass du im Alltag und beim Sport beschwerdefrei bleibst. Achte daher täglich darauf:
- dass du eine aufrechte Haltung einnimmst (entlastet deinen Beckenboden)
- dass du beim Anheben von schweren Gewichten bewusst ausatmest
- dass du auch auf dem WC entspannt bleibst (kein Pressen!).
Denk immer daran: Dein Beckenboden ist lernfähig!
Falls du nun nach einem geeigneten Training suchst, findest du hier eine Übersicht zu all unseren Programmen. Und solltest du dir bei der Wahl des richtigen Kurses unsicher sein, mach doch einfach unseren kostenlosen Stufentest.
Wie gehst du mit deinem Beckenboden im Training um? Teile deine Erfahrungen in den Kommentaren!